BdWi - Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler

»Wissenschaft ist also ein prinzipielles Gegen-den-Strom-Schwimmen.«

Klaus Holzkamp

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Forum Wissenschaft

Workshop: Kämpfe um Bildung

Workshop im Rahmen des Kongresses "Ungleichheit als Projekt".
Sonntag, 26.11., vormittags

Beschreibung des Workshops

Ausgangspunkt die studentischen Proteste diesen Sommers, bei denen sich u.E. deutliche Unterschiede zu den Protesten der vergangenen 20 Jahre zeigten: der Entschlossenheit in den praktischen Aktionen (Autobahnblockaden usw., über 300 Festnahmen allein in Frankfurt) steht eine auffallende Inhaltsleere gegenüber, die Forderungen beginnen und enden mit der Ablehnung von Studiengebühren. Im Gegensatz zu früheren Auseinandersetzungen fehlt also nicht nur die übliche Flugblattflut diverser linker Initiativen, es fehlen auch Folgeprojekte in Form von Zeitungen, inhaltlichen AG’s, angeeigneten Räumen usw. Dies kann schon als Ergebnis bisheriger Hochschulpolitik aufgefasst werden: durch die Einführung von Langzeitstudiengebühren sind nicht nur die Langzeitstudentinnen weggebrochen, die eine gewisse Kontinuität in das Studium als Durchlaufort brachten, Protestkultur, studentisches Milieu; sondern prinzipiell sind damit alle unter den Druck gesetzt, ihr Studium regelzeitmässig abzuschliessen, keine Zeit für Streiks und Firlefanz. Weiterhin werden damit auch die Interessen der ProtestgegnerInnen unmittelbar materiell, was sich in den teilweise vehementen Reaktionen auf Blockadeversuche zeigt, vielleicht auch den Umstand erklärt, weshalb kein "Streik" ausgerufen wurde.

Die StreikgegnerInnen bilden u.E. den eigentlichen Mainstream, der Studiengebühren im Sinne eines marktgerechten, effizienten, zügigen Abschlusses begrüsst. Daraus ergibt sich eine starke Polarisierung unter den Studierenden, die sich auf Seiten der Proteste in der kompromißlosen Entschiedenheit bezüglich der Ablehnung von Studiengebühren ausdrückt - keine Diskussionen über alternative Finanzierungsmöglichkeiten, sozialverträgliche Kredite o.ä., einfach nur ein klares nein (hat sicher auch was mit der absoluten Mehrheit der CDU im hessischen Landtag zu tun, wodurch ein rot-grüner ASTA trotz gegenhegemonialer Haltung nicht in Konflikt mit der Parteilinie kommt). Der Klassencharakter der politischen Maßnahme (Studiengebühren) spiegelt sich so auf der Gegenseite in nahezu ungebrochener Ablehnung.

Die Einführung von Studiengebühren steht nicht nur im Kontext einer langen hochschulpolitischen Entwicklung, sondern ebenso im Zusammenhang mit sozial- und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen (Projekt Ungleichheit). In diesem Sinne stünde also sowas wie eine Vernetzung der unterschiedlichen sozialen Bewegungen an (auch in diesem Punkt unserer Meinung nach die Versuche in den aktuellen Auseinandersetzungen wesentlich zaghafter, als in vergangenen Studiprotesten, obwohl dem Inhalt nach der Zusammenhang viel offensichtlicher). Dazu folgende Überlegung:

Universität ist einer der entscheidenden Orte, an dem Ungleichheit als Projekt hergestellt wird - durch Schulung und Disziplinierung, durch Ideologie- und Personalproduktion. Damit stellt sie aber auch ein zentrales Feld, an dem Intervention notwendig wird, wenn die gesellschaftlichen Verhältnisse insgesamt in Frage gestellt werden sollen. Wir halten daher die Konzentration studentischer Initiativen auf Hochschul- und Bildungspolitik für vorrangig, insbesondere vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Mangels an Inhalten - auch wenn dies als Formulierung eines bloßen Partikularinteresses erscheinen mag. Es ginge dabei zunächst um Selbstaufklärung, um einen Begriff der gesellschaftlichen Bedeutung der marktförmigen Zurichtung der Hochschule - relativ platt wäre es, Modularisierung und Einführung von Studiengebühren sowie Hartz IV, Gesundheitsreform usw. als Interessen des Kapitals zu identifizieren (was sie sind), um dann alle Betroffenen in einem Boot zu finden. Was nicht platt ist, wäre dagegen in politischen Kämpfen erst zu entwickeln. Um dabei zu möglichen Bündnissen mit anderen gesellschaftlichen Kräften zu kommen, müssten u.E. jedenfalls die widersprüchlichen Interessen und Optionen wahrgenommen und benannt werden, also z.B.: das Bummelstudium offensiv vertreten (weil ohne bummeln, ohne studieren abseits der Institution kritische Theorie kaum mehr möglich ist) und mit dem darin enthaltenen Privileg konfrontieren; mögliche Privilegien nutzen, um damit unprivilegierte Stellungen zu stärken; gleichzeitig die Illusion über das Privileg zerstören, weil sich StudentInnen selbst zwischen Lohndumping und working poor bewegen; damit verbundene Berührungspunkte und Konkurrenzen aufspüren usw.

ReferentInnen

AG Gegenhegemonie

Literatur zur Vorbereitung

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08.02.2024
Call for Papers
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06.02.2024
Exzellenzstrategie
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13.04.2024
55. Mitgliederversammlung des BdWi
Kritische Wissenschaft und staatlicher Autoritarismus mehr

21.09.2024
Tagung zu Fragen der Bildungsökonomie
mit Memo-Gruppe, GEW mehr

27.09.2024
Herbstakademie "Wissenschaft von rechts III. Radikalisierter Konservatismus und die Kämpfe um Wissenschaftsfreiheit"
Regensburg, mit fzs, ÖH mehr

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