Forum Wissenschaft 1/2024
15.03.2024: Kriegstüchtig oder friedensfähig?
Forum Wissenschaft 1/2024; Foto: Lightspring / shutterstock.com |
Wissenschaft und die "Zeitenwende"
Nach dem Überfall russischer Truppen auf die Ukraine im Februar 2022 verkündete Bundeskanzler Scholz eine "Zeitenwende". Seitdem hat die sicherheits- und friedenspolitische Debatte völlig neue Dynamiken entfaltet. Ging es zunächst um Solidarität mit der Ukraine und ihrer Bevölkerung bei der Abwehr der russischen Aggression, so fordern meinungs- und reichweitenstarke Vertreter*innen aus Politik, Medien und Wissenschaft derweil die bedingungslose Unterstützung der Ukraine mit immer leistungsfähigeren Waffensystemen bis zum Sieg. Zugleich schreitet die "innere Mobilmachung" weiter voran - laut Verteidigungsminister Pistorius müsse Deutschland schließlich "kriegstüchtig" werden. Und zwar nicht nur materiell-technisch, sondern auch und im Besonderen mental. Dazu müssten auch - so findet Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger - die Hochschulen ihren Beitrag leisten, es gelte "die strikte Trennung zwischen ziviler und militärischer Forschung [zu] hinterfragen". Selbstbeschränkungen wie etwa Zivilklauseln seien deshalb nicht mehr zeitgemäß. Deren Abschaffung haben sich unterdessen die neuen Regierungen in Hessen und Bayern ins Programm geschrieben. Die Rahmenbedingungen für eine friedensorientierte Politik haben sich in kurzer Zeit fundamental verändert. Im BdWi wird - wie in der gesamten gesellschaftlichen Linken - seit Februar 2022 über Ursachen, Hintergründe und (mögliche) Folgen des Krieges in der Ukraine kontrovers diskutiert. Grundsätzlich steht der BdWi nach wie vor ein für eine Wissenschaft, die dem Frieden verpflichtet ist. Wissenschaft kann und muss Beiträge zu einer friedlichen Welt leisten. Wie sich diese Grundhaltung mit Blick auf die "Zeitenwende" konkret ausgestalten lässt, ist indes umstritten. Welche Herausforderungen stellen sich für antimilitaristische Politik und Friedenswissenschaft? Wie positioniert sich die Friedensforschung zum Mittel der Gewalt in kriegerischen Konflikten? Welche Bedeutung kommt feministischen Perspektiven in diesem Zusammenhang zu? Und: Wie könnten Wege zum Frieden, zu Abrüstung und kollektiver Sicherheit aussehen? Forum Wissenschaft will mit dem Themenschwerpunkt dieser Ausgabe einen Beitrag zur notwendigen Diskussion leisten.
Aus dem Inhalt:
Krieg und Frieden
- Frieden durch Gewalt!?
- Ohne Forschung kein Krieg - wir haben es in der Hand!
- Frauenfriedensbewegung in der BRD nach 1945
- Geschlecht und Militär
- Dissenting to war in Ukraine
- Russian society and its attitude to the war
- Ein Montagabend in Rostock
- Anti-War-Protests in Russia
- Krieg und Frieden
- Wissenschaft für den Frieden
Bildung und Wissenschaft
- "Aufbruchstimmung"?
- Neues zum "Ich-Bewusstsein"?
Gesellschaft
- Der Antifaschist Heinrich Mann
- Philosophie des Wassers
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