Forum Wissenschaft 1/2022

24.03.2022: Kritische Medizin. Probleme des Gesundheitssystems


	Forum Wissenschaft 1/2022; Foto: Fahroni / shutterstock.com

Während der redaktionellen Fertigstellung dieses Heftes vernahmen wir die erschütternde Nachricht vom Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Der nun seit gut einer Woche herrschende Krieg dominiert die Nachrichtenwelt und rückt die COVID-19-Pandemie in den Hintergrund. Wir werden in den kommenden Ausgaben ausführlicher auf den Krieg und seine Folgen eingehen, einige aktuelle Informationen finden Sie im BdWi-Inlay in diesem Heft.

Durch die Covid-19-Pandemie rückte das Themenfeld Gesundheit seit 2020 mit vielen seiner Facetten ins öffentliche Blickfeld. Die Folgen des neoliberalen Umbaus des Gesundheitswesens wurden deutlich sichtbar: chronische Unterfinanzierung, mangelnde staatliche Pandemievorsorge, überlastete Pflegekräfte und Ärzt*innen, privilegierte Impfstoffversorgung für die Länder des Globalen Nordens.

Zugleich rückte der immense Informationsbedarf auch die Medizin als Wissenschaft (und dabei im Besonderen die Virologie) ins Zentrum der öffentlichen Kommunikation. Wer jedoch die Hoffnung hegte, dass durch die gewachsene Aufmerksamkeit auf die offenkundigen systematischen Schwächen Chancen auf eine Verbesserung (etwa der Arbeitsbedingungen im Pflegebereich) entstehen würden, wurde schnell enttäuscht.

Gewinnmaximierung und Kostensenkung bleiben als Leitmotive im Gesundheitswesen bestehen - und damit auch der Handlungsbedarf für die schon vor Corona offensichtlichen Defizite.

Wir schauen deshalb kritisch auf einige Facetten er medizinischen Wissenschaft. Wir fragen nach den Folgen der Pandemie für die globale Gesundheitsversorgung, erweitern unseren Fokus aber auch über die aktuelle Coronathematik hinaus.

So ist die Frage einer Impfpflicht gesellschaftlich hoch umstritten, aber keineswegs neu: Impfkritische Netzwerke gibt es bereits seit langer Zeit. Aber welche gesellschaftlichen Folgen werden zunehmende Verbindungen dieser Szene mit der neuen Rechten haben?

Diskutiert wird in letzter Zeit verstärkt über einen Genderbias in der Medizin. Gibt es Ansätze für eine Stärkung gendermedizinischer Perspektiven? Darüber hinaus widmen wir uns der aktuellen Debatte zum Thema Schwangerschaftsabbruch, werfen einen kritischen Blick auf homophobe Konversionstherapeuten und prüfen die Anforderungen an medizinische Studiengänge auf ihre Umsetzbarkeit.

Aus dem Inhalt:

Kritische Medizin

Das Medizinstudium im WandelWas kann ein Medizinstudiengang leisten, fragen

Im Schatten der PandemieClaudia Jenkes resümiert Untersuchungen zur globalen Gesundheitsversorgung

Impfkritik und Demokratie Zusammenhänge zwischen Impfgegnerszene und der neuen Rechten untersucht Jan Oude-Aost

Implementierung in die Schulmedizin? Margarethe Hochleitner zeichnet die Geschichte

Immer noch eine große Baustelle Andreas Steinau fasst die Situation bezüglich Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland zusammen

Der Bund katholischer Ärzte Homöopathische und homophobe Konversionstherapeuten - vorgestellt von Yannick Borkens

Hochschule und Wissenschaft

Ein bisschen Fortschritt Anmerkungen zum Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung von Sonja Staack

Sozialer und inklusiver? Lone Grotheer prüft die Pläne der Bundesregierung aus studentischer Perspektive

Herbstakademie

Linke Identitätspolitiken Jens Kastner und Lea Susemichel diskutieren das Verhältnis von Identitäts- und Klassenpolitik

Soziale Arbeit

Social Work - make some Noise Bela Berg, Jana Günther, Livia Reinhardt und Florence

Geschichte

Ein Klassiker der Ökologiebewegung Karlheinz Lipp erinnert an "Silent Spring" von Rachel Carson

Erwin Eckert Wilma Ruth Albrecht stellt die Biographie des religiösen Sozialisten vor

Die Printversion kann hier bestellt werden.