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Klaus Holzkamp

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Studiengebühren und "Sozialverträglichkeit"

28.01.2005: Referat auf dem Seminar der Studierendenvertreter/-innen im Deutschen StudentInnenwerk (DSW) in Köln-Deutz (Vortragsmanuskript)

In seinem Urteil vom 26.1.05 verbot das Bundesverfassungsgericht der Bundesebene bekanntlich eine gesetzliche Regelungskompetenz in der Studiengebührenfrage. Gleichzeitig formulierte es in die ausführliche Urteilsbegründung zwei Kriterien, welche eine Art politische Messlatte für die künftige Auseinandersetzung um Studiengebühren darstellen. Es müsse erstens gewährleistet sein, dass die Hochschulen auch künftig für einkommensschwache soziale Schichten offen stehen. Zweitens müssten die Finanzierungsbedingungen für Studiengebühren sozialverträglich gestaltet werden. Die Beantwortung der Frage, ob dies möglich sei, ließ das Gericht offen. Dies bleibt eine politische Frage ebenso wie das Thema "Studiengebühren" in der politischen Verantwortung bleibt. Anders gesagt: im Unterschied zu einer interessierten Mainstream-Medienberichterstattung löst das Urteil keine gesetzestechnische Zwangsläufigkeit der Einführung von Studiengebühren aus, es formuliert statt dessen Kriterien, die eine ergebnisoffene politische Diskussion in der Gesellschaft ebenso zu der Schlussfolgerung führen können, Studiengebühren seien politisch nicht wünschbar.

Die Befürworter von Studiengebühren behaupten bekanntlich, dass beide erwähnten Kriterien ihrer sozialen Verantwortbarkeit erfüllbar seien. Im Grunde packen sie die "soziale Frage" auf zwei Ebenen an. Erstens proklamieren sie, dass es "sozialverträgliche" Finanzierungsmodelle ohne Abschreckungseffekt für bestimmte Einkommensgruppen gäbe. Zweitens seien Studiengebühren in der gesellschaftlichen Dimension auch verteilungspolitisch "gerecht", weil sie Finanzierung und Nutzen von Hochschulbildung in eine ausgewogenere Balance bringen würden. Mit beiden Positionen möchte ich mich hier auseinandersetzen.

Studiengebühren und soziale Bildungsbeteiligung

Zunächst zwei - scheinbar paradoxe - Vorbemerkungen.

Nicht in allen, aber in den meisten Ländern werden Studiengebühren erhoben. Dabei gibt es zunächst im internationalen Vergleich offenbar keinen Zusammenhang zwischen Studiengebühren und Bildungsbeteiligung. Die Studierquote pro Altersjahrgang - der OECD-Mittelwert liegt hier bei 50% (plus X) - ist auch in Ländern mit Gebühren signifikant höher als in Deutschland, wo sie heute bei 34% liegt.

Zweite Vorbemerkung: Es gibt keinen unmittelbaren kausalen Zusammenhang zwischen Studiengebühren und ungleichen Bildungschancen, deren Ursachen wesentlich komplexer sind.

In allen historisch bisher gekannten Gesellschaften gibt es das - mehr oder weniger ausgeprägte - Phänomen ungleicher Bildungschancen bzw. der Bildungs- und Sozialstatusvererbung. Dieses bedeutet keineswegs nur ein plattes Sortieren nach "arm" und "reich". Gesellschaftlicher Ungleichheit liegen vielfältige (dominanz-) kulturelle Selektionsmuster zugrunde (die natürlich auch einen materiellen Hintergrund haben, aber eben nicht nur auf das krude Kriterium "Geldbeutel" reduzierbar sind). Mit diesen sog. "feinen Unterschieden", die etwa darin zum Ausdruck kommen, dass sich Menschen mit ähnlichen kulturellen Codes, einem ähnlichen bildungsbürgerlichen Hintergrund, in Prüfungen gegenseitig identifizieren und fördern, beschäftigt sich etwa die Ungleichheitsforschung des (verstorbenen) französischen Soziologen Pierre Bourdieu. Ich möchte zumindest auf diese Problematik hinweisen, ohne sie hier in unserem Rahmen ausführlicher behandeln zu können. Gerade in einen Einwanderungsgesellschaft wie der unsrigen sollten wir uns politisch weit stärker mit diesen subtilen Anerkennungs- bzw. Diskriminierungsmechanismen beschäftigen.

Worauf es aber an dieser Stelle ankommt, ist die Frage, wie sich derartigen sozialen Ungleichheitseffekten begegnen lässt? "Spontan" kann eine Gesellschaft dies Problem nämlich nicht lösen, noch weniger kann man diese Lösung "dem Markt" überlassen. Will man für sog. bildungsferne Schichten eine erweiterte Bildungsbeteiligung erwirken, sind vielmehr zielgerichtete politische Maßnahmen erforderlich: der Bildungsförderung, der gesetzlichen Begünstigung und finanziellen Ermöglichung (BAföG) von Bildungsteilhabe. Dabei geht es ausdrücklich nicht um einen paternalistischen Ausgleich subjektiver "Defizite" der zu fördernden Bildungsteilnehmer. Es geht darum, ihnen Chancen zu eröffnen, die sie andernfalls aufgrund materieller sozialer Ungleichheit nicht hätten!

Nun bestreitet niemand, dass im deutschen Bildungssystem die soziale Selektion besonders ausgeprägt ist, wie nicht zuletzt verschiedene internationale Schülerleistungsvergleiche (PISA) zu Tage gefördert haben. Auch die Gebührenbefürworter räumen dies unumwunden ein. Dann ergänzen sie allerdings, dass die wesentlichen Selektionseffekte biographisch lange vor dem Hochschuleintritt lägen, um daraus zu schlussfolgern, dass Studiengebühren im Hinblick darauf keine negativen Effekte haben können. Die Prämisse dieses Arguments ist zum Teil richtig - aber eben nur zum Teil! -, die Schlussfolgerung ziemlich abenteurlich!

Weitgehend unbestritten ist in der Bildungsforschung, dass es im deutschen Bildungssystem vor allem drei Scharniere (oder auch: Nadelöhre) gibt, an denen sich soziale Selektion konzentriert. Das erste ist bereits durch den Eintritt in die vorschulische Erziehung gegeben, von welcher Kinder mit Migrationshintergrund überdurchschnittlich ausgeschlossen sind. Ein Faktor sind hier die hohen privaten Gebühren, deren Anteil in Deutschland mit über 37% der Gesamtkosten von Kitas fast doppelt so hoch ist wie der OECD-Mittelwert. Die zweite - und bekannteste - Hürde ist die Entscheidung für eine der drei weiterführenden Schulformen nach der 4. Klasse. Die dritte Hürde schließlich ist mit der Beendigung der allgemeinen Schulpflicht (10. Klasse) gegeben. Hier ist eine Entscheidung über drei Alternativen zu treffen, die sehr wohl auch unmittelbar etwas mit Studiengebühren zu tun haben: Erwerbstätigkeit, (betriebliche) Berufsausbildung oder Übertritt in einen weiterführenden Schulzweig mit dem Ziel des Hochschulstudiums. Gerade die Wahrnehmung der dritten Alternative hängt in einkommensschwachen sozialen Schichten sehr stark mit der Antizipation finanzieller Risiken zusammen. In vielen Elternhäusern, in denen Bildung nicht per se als Wert geschätzt und gefördert wird, ist in dieser biographischen Entscheidungssituation der Druck auf die Kinder, "etwas Anständiges" zu lernen oder endlich "Geld nach Hause zu bringen" besonders stark. Umkehrt zeigen die positiven Erfahrungen mit der Einführung des Schüler-BAföGs (in Kombination mit dem Studenten-BAföG), welches Anfang der 70er Jahre tatsächlich zu einer kurzzeitigen sozialen Öffnung der Hochschulen geführt hat, dass eine finanzielle Zuschussförderung, die Risiken abfedert und bis zu einem gewissen Grade elternunabhängige Entscheidungen unterstützt, auch sozialen Bildungsaufstieg ermöglicht. Dass spezifische Rückzahlungsbedingungen für Studienkredite den gleichen Effekt haben könnten (s.u.), wie die Studiengebührenbefürworter behaupten, ist demgegenüber reichlich spekulativ und unwahrscheinlich!

In Verbindung mit der Wahrnehmung finanzieller Belastungen durch spezifische Bildungsentscheidungen fällt in der Bildungsökonomie häufig der Begriff einer höheren "Risikoaversion" bildungsferner Schichten. Damit wird die Problematik allerdings in den Bereich der psychischen Vorstellungswelten geschoben und auf diese Weise ideologisiert. In Wirklichkeit handelt es sich um reale gesellschaftliche Benachteiligungen und materielle Ungleichheit, die bereits darin zum Ausdruck kommt, dass im Falle der Kreditfinanzierung von Studiengebühren vor allem soziale Herkunftsgruppen mit geringerem Einkommen auf Kredite angewiesen sind und daher zzgl. Zinsen effektiv mehr für das gleiche Studium bezahlen als Kinder reicher Familien die ihre Gebühren unmittelbar entrichten können.

Zwischenfazit: Aus der Tatsache, dass soziale Selektion bereits lange vor Hochschuleintritt - und im Prinzip bereits seit der frühen Kindheit - stattfindet, kann nicht der falsche Umkehrschluss gezogen werden, dass Studiengebühren sozialpolitisch irrelevant seien. Studiengebühren müssen vielmehr daraufhin beurteilt werden, welche Auswirkungen sie in einer konkreten gesellschaftlichen Situation in einem konkreten Land auf die real existierende Bildungsungleichheit haben: ob sie diese stabilisieren, gar verstärken oder aber ob andere Studienfinanzierungsmodelle denkbar sind, die mit einer progressiven sozialen Öffnung höherer Bildung vereinbar scheinen.

Gerade was das zuletzt genannte Kriterium betrifft, bringt ein abstrakter Vergleich mit dem Ausland einen nicht weiter. Diese Vergleiche laufen letztlich immer auf eine formale Gegenüberstellung isolierter Erscheinungen hinaus, wobei der geschichtliche und gesellschaftliche Kontext, in dem die jeweiligen Bildungssysteme stehen, ausgeklammert wird. So kann ich etwa feststellen, dass in den USA sehr hohe Studiengebühren offenbar keinerlei Auswirkungen auf eine insgesamt wesentlich höhere Hochschulbeteiligung pro Altersjahrgang haben. Das ist eine abstrakt richtige Aussage, die aber so allgemein gehalten ist, dass sie keinerlei sozialpolitisch konkrete Schlussfolgerungen zulässt. Zunächst müsste man etwa auch ergänzen, dass eine Hochschulausbildung dort die einzige Alternative einer Ausbildung im postsekundärem bzw. tertiärem Bildungsbereich ist. Ein institutionalisiertes (duales) Berufsbildungssystem wie in Deutschland gibt es nicht. Zweitens lässt sich am Beispiel USA gerade nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass Studiengebühren keine negativen sozialen Effekte hätten, weil diese nämlich eine wesentliche soziale Selektion fördern, die in den USA innerhalb des Hochschulsystems stattfindet. Die Spannbreite von Gebühren erstreckt sich etwa von 3500 Dollar pro Jahr für ein x-beliebiges College bis hin 25 Tsd. Dollar beispielsweise für die Eliteuniversität Princeton. In den 90er Jahren stagnierte der staatlich Finanzierungsanteil für die Hochschulen. Dies wurde durch eine drastische Erhöhung der durchschnittlichen Studiengebühren aufgefangen. Die Zuschüsse, Darlehen und Stipendien, die traditionell in den USA - zweifellos um ein Vielfaches mehr als in Deutschland - zu Abfederung von Studiengebühren zur Verfügung stehen, haben mit dieser Erhöhung nicht Schritt gehalten. Dies hat einen Effekt verstärkt, der schon zuvor zu beobachten war und der sich so beschreiben lässt, dass sich die unteren Einkommensgruppen mit steigender Tendenz an den billigen Hochschulen, überwiegend sog. Community Colleges, konzentrieren, die in der beruflichen Wertigkeit auch entsprechend niedrig stehen, während in der Ivy League der Eliteuniversitäten - nicht ausschließlich, aber überwiegend - die Geldelite vertreten ist. Dies alles kann wesentlich ausführlicher in den internationalen Vergleichsstudien von Bernhard Nagel oder in den Untersuchungen zur Elitenrekrutierung von Michael Hartmann nachgelesen werde.

Nun haftet mittlerweile allen Finanzierungsmodellen für Studiengebühren - welche vermutlich nach dem Urteil vom 26.1. noch stärker auf den Markt geworfen werden - das Etikett "sozialverträglich" an. Bei näherem Hinsehen handelt es sich dabei jedoch um einen völlig synthetischen, rein banktechnischen Begriff zu politischen Legitimationszwecken, der über die gesellschaftliche Wirkung von Studiengebühren nicht das Geringste aussagt, weil er sich mit der Problematik des sozialen Bildungsausschlusses gar nicht beschäftigt. "Sozial" bedeutet nämlich in dem Zusammenhang lediglich die Abweichung von ansonsten banküblichen Kreditbedingungen, d.h. Bonität (Sicherheiten) und terminlich festgelegte Rückzahlungspflicht bis zur Pfändung. Der gemeinsame Nenner fast aller Kreditmodelle zur Finanzierung von Studiengebühren ist hingegen, dass die Rückzahlung der Studienkredite mit der Höhe des erzielten Einkommens nach dem Studium verkoppelt wird; wer viel verdient, zahlt relativ mehr, wer nichts verdient, zahlt unmittelbar nichts. Dafür hat sich auch der Begriff der "nachlaufenden Studiengebühren" eingebürgert. Allerdings konnte bisher noch nicht nachgewiesen werden, dass derartige Tilgungsbedingungen auch die abschreckende Wirkung eines Schuldenberges vor Studienbeginn in einem sozial relevanten Umfang eindämmen. Das ist ein völlig unbewiesene Behauptung.

Ich darf zum Abschluss dieses Punktes auch polemisch sein und noch einen Schritt weiter gehen: Die Verfechter "sozialverträglicher" Studienkreditmodelle räumen mit diesen etwas ein, was sie häufig - gleichzeitig bzw. in anderen Zusammenhängen - ebenso bestreiten, nämlich dass Studiengebühren sozial abschreckend wirken könnten. Schließlich soll diese Wirkung mit derartigen Modellen "abgefedert" werden. Diese alle funktionieren daher nach dem Prinzip der nachträglichen Schadensbegrenzung. Folglich darf geschlussfolgert werden, dass der zuvor angerichtete Schaden vermutlich höher ist als seine anschließende Begrenzung. Wenn man es aber in der Hand hat, diesen Schaden gleich ganz zu vermeiden und keine Studiengebühren einzuführen, wäre dies politisch wesentlich klüger.

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Studiengebühren und soziale Verteilungsgerechtigkeit

Wir alle kennen mittlerweile das Argument, Studiengebühren seien deswegen gerecht, weil sie diejenigen, die später auf Arbeitsmärkten ein wesentlich höheres Durchschnittseinkommen erzielen als Nichtakademiker, zur Finanzierung diese persönlichen Vorteils in Form einer Beteiligung an den Hochschulkosten mit heranziehen. Hier werden dann verschiedene soziale Gruppen gegeneinander ausgespielt. Die Argumentation lässt sich etwa dahingehend ausbauen, dass im Falle eines überwiegend steuerfinanzierten Hochschulsystems eine Art Umverteilungseffekt von Nichtakademiker- zu Akademikerhaushalten stattfände. Es handelt sich um das sprichwörtliche "Fliesenlegerargument" zur Legitimation von Studiengebühren. In der Tat: je höher der Bildungshintergrund des Elternhauses, um so größer die Wahrscheinlichkeit einer Studienaufnahme durch die Kinder und nur 11% der unteren sozialen Herkunftsgruppe (DSW-Sozialerhebung 2004) gelangen überhaupt an eine Hochschule. In einer populären stammtischorientierten Zuspitzung heißt dies dann: die Putzfrau - oder die Krankenschwester - finanziert mit ihren Steuergeldern das Studium des Zahnarztsohnes!

Diese Argumentation ist sehr komplex, rührt aber auch einiges durcheinander. Ich versuche dies mal der Reihe nach aufzuschnüren

Zunächst werden Putzfrau und Zahnarzt(sohn) in ein antagonistisches Verhältnis gebracht, so als schlössen sich ihre Interessen gegenseitig aus. Die Prämisse dafür ist, dass die gesellschaftliche Rendite von öffentlichen Hochschulinvestitionen auf dadurch ermöglichte Akademikereinkommen reduziert wird. Bis zum Beweis des Gegenteils gehe ich jedoch davon aus, dass öffentliche Investitionen in Hochschulbildung ein allgemeineres gesellschaftliches Interesse an der Bereitstellung bestimmter sozial relevanter Qualifikationen und Forschungen erfüllt, etwa einen realen Bedarf an medizinischer Versorgung oder schulischer Betreuung (Lehrerausbildung) widerspiegelt; einen Nutzen folglich, welcher sich nicht nur auf der Seite des Einkommens von HochschulabsolventInnen abbilden läßt. Um im Bild zu bleiben: Auch eine Putzfrau braucht mal einen Zahnarzt.

Die Feststellung eines Ungleichgewichts zwischen Finanzierung und Nutzung von Hochschulen hat jedoch auch einen realen Kern, der allerdings bei genauerer Betrachtung zu einer gegenteiligen Schlussfolgerung führt als es die Einführung von Studiengebühren wäre. Es handelt sich um das Phänomen, welches linke Ökonomen im Umkreis der Memorandums-Gruppe als "Marsch in den Lohnsteuerstaat" bezeichnen: immer größere Anteile des Gesamtsteueraufkommens werden von den unteren und mittleren Einkommensgruppen aufgebracht, der Anteil von Steuern auf Kapital- und Vermögenseinkünfte nimmt demgegenüber ab. Nur vor diesem Hintergrund lässt sich von einem "Umverteilungseffekt" bei der Hochschulfinanzierung reden. Dieser wird durch Studiengebühren aber nicht revidiert, sondern eher noch gefestigt, weil Studiengebühren sozialen Bildungsausschluss verstärken. Schließlich gilt das Umverteilungsargument nur in Verbindung mit der Feststellung, dass die Kinder von Putzfrauen immer seltener an eine Hochschule gelangen.

Die eigentlich politische Schlussfolgerung, die aus der relativen sozialen Ungleichheit von Finanzierung und Nutzung des Hochschulsystems resultiert, kann also nur in zweierlei bestehen: Erstens in der Aufgabenstellung eines gerechteren Steuersystems, welches die Höhe der Einkünfte progressiv erfasst. Zweitens in zielgerichten Bildungsfördermassnahmen, die auf eine deutliche soziale Öffnung der Hochschulen zielen.

Gemessen an beiden Kriterien bewirken Studiengebühren jeweils das Gegenteil. Sie begünstigen erstens sozialen Bildungsausschluss. Sie stehen zweitens in der Tendenz einer Privatisierung öffentlicher Bildungsausgaben und flankieren daher die zunehmenden Steuererleichterungen (bzw. - ausfälle) für vermögende soziale Schichten, führen also noch weiter von einem gerechten Steuersystem weg. Last not least verbessern Gebühren die Studienbedingungen für Angehörigen exakt der gleichen Schichten von sog. Besserverdienern, die mühelos für das Studium bezahlen und dafür eine exklusivere Ausstattung einfordern können. Die erwartbare Kumulation dieser Effekte ist daher zweifelsfrei ebenso zynisch, wie die Legitimation von Studiengebühren mit "sozialer Gerechtigkeit".

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

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Personen:
>Torsten Bultmann

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