25 Jahre Bologna
01.07.2024: Mythen, Fakten und Zukunft der Harmonisierung von Hochschulsystemen
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Forum Wissenschaft 2/2024; Foto: M.Musca (GLAM NILDE), CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons |
Der Bologna-Prozess hatte einschneidende Konsequenzen für die Studierenden in den beteiligten europäischen Ländern - für ihre Studienbedingungen und die europäische Mobilität, aber auch für Beteiligungsmöglichkeiten der Studierenden und des Personals, die akademische Freiheit oder sozialpolitische Aspekte. Iris Kimizoglu zieht eine Bilanz aus europäischer studentischer Perspektive.
1999, also genau 11 Jahre nachdem mit der Magna Charta Universitatum ein Meilenstein internationaler Hochschulgeschichte unterschrieben wurde, wurde Bologna zum zweiten Mal Schauplatz des womöglich wichtigsten Europäisierungsprojektes von Hochschulen. Nachdem ein Jahr zuvor die Sorbonne-Erklärung zum Vorhaben einer Harmonisierung des europäischen Hochschulsystems von Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien verabschiedet wurde, wurde dieses Vorhaben 1999 durch die Bologna-Erklärung, welcher sich 29 europäische Staaten anschlossen, verwirklicht.
Bologna - die Ausgangslage
Europaweit wurde der Bologna-Prozess von Anfang an von Akademiker*innen und Öffentlichkeit kritisch betrachtet. Bologna gilt seit jeher als unbeliebte Reform, da im Grunde das britische Hochschulmodell übernommen wurde, welches sich als ungeeignet in Hinblick auf die Hochschultraditionen anderer Länder erwiesen hat. In Deutschland lautet die Kritik, dass Bologna das humboldtsche Bildungsideal zerstört habe,1 und ganz generell für alles, was im Hochschulsektor nicht funktioniert, verantwortlich sei. So titelte die deutsche Studierendenvertretung selbst 2012 zum 10-jährigen Bestehen der European Higher Education Area (EHEA, i.e. der europäische Hochschulraum): "Klingt nach Pasta - ist aber Käse"2 und wer heutzutage unter der Professor*innenschaft Deutschlands eine Umfrage startet, bekommt ganz sicher ein grundsätzlich negatives Meinungsbild serviert, während gleichzeitig unter Studierenden die Existenz von Bologna kaum noch bekannt ist, abseits der Existenz einer gleichnamigen Stadt in Italien und vielleicht der im englischsprachigen Raum bekannten Bologna Wurst. Umso wichtiger ist es mit Mythen aufzuräumen aber auch kritisch zu beleuchten, was gut läuft und wo noch Nachhilfe benötigt wird.
Die Rolle der Studierenden in der EHEA
Als 1982 das Western European Student Information Bureau (WESIB) gegründet wurde und sich nach der Wende nach Osteuropa nunmehr als European Student Information Bureau (ESIB) öffnete und sich Anfang der 2000er in die European Students’ Union (ESU) umbenannte, konnte niemand ahnen, wohin Internationalisierung im Hochschulwesen führen würde. Während ESIB weder bei der Sorbonne- noch der Bologna-Erklärung involviert worden war, gelang es ESIB sich innerhalb weniger Jahre immer mehr zu profilieren. Als 2001 in Prag schließlich die zweite Ministerialkonferenz im Rahmen des Bologna-Prozesses stattfand, schaffte es ESIB - gestützt durch den schwedischen Bildungsminister - wichtige Impulse in der Ministerialdeklaration zu setzen.3 Im Prague Ministerial Communiqué von 2001 wurde sodann erstmals festgehalten, dass die Partizipation von Studierenden an der Organisation und inhaltlichen Gestaltung von Hochschulbildung als Kernbestandteil der EHEA gilt, und dass die ESU als offizielle Vertretung der Studierenden in Europa anerkannt wurde. Dies hatte und hat positive Nachwirkungen in der EHEA.
So ist die ESU seit 2001 konsultatives Mitglied der EHEA, wodurch die studentische Perspektive in allen Arbeitsstrukturen des Prozesses vertreten ist. Aktuell schreibt die ESU sogar federführend das Tirana Ministerial Communiqué für 2024 mit. Hierdurch kann sie seit fast 25 Jahren auf europäischer Ebene studentische Akzente setzen und den Prozess direkt beeinflussen, wobei natürlich nicht jeder Kampf auch gewonnen wird. Zudem führte die Verankerung der Studierendenpartizipation in der EHEA in vielen Ländern dazu, dass lokale und nationale Studierendenvertretungen Aufwind erfuhren oder gar erst gegründet wurden, da insbesondere bei der Osterweiterung erstmalig studentische Vertretungsstrukturen eingeführt wurden, um den Bologna-Kriterien zu entsprechen. Speziell für Deutschland ist bemerkenswert, dass mit der Nationalen BFUG (NBFUG) ein Gremium existiert, in dem die Stakeholder des Hochschulsystems sich regelmäßig austauschen, und Studierendenvertreter*innen auch als Repräsentant*innen in Arbeitsgruppen des Bologna-Prozesses entsendet werden, was in kaum einem anderen Land der Fall ist.
Doch so positiv dies klingt, so muss auch kritisch reflektiert werden, dass zwischen den Realitäten der EHEA und auf nationaler/lokaler Ebene teils starke Diskrepanzen bestehen, wenn es um die Implementierung von Co-Governance und Kollegialität in Hochschulen und Hochschulsystemen geht. So ist Studierendenpartizipation oft tokenistisch, wenn überhaupt vorhanden, und mangelnde Wertschätzung und Behandlung auf Augenhöhe wird von vielen Studierendenvertreter*innen beklagt.
Employability, "Ich-AG" und Verschulung als A und O von Bologna?
Der Aspekt der employability war einer der größten Kritikpunkte an Bologna. So stammt der Impetus zur Gründung der EHEA unter anderem aus dem Ansinnen, Hochschulabschlüsse zu Gunsten der Arbeitsmigration vergleichbarer zu machen und ein kompetitiveres System zu etablieren (s. Sorbonne Declaration 1998).
Entsprechend wurde mit den "Key Commitments" unter dem Vorzeichen der drei "I" (interconnected, innovative, inclusive) Reformen durchgesetzt, die sich auf die Vergleichbarkeit von Hochschulabschlüssen beziehen, insbesondere durch die Einführung des B.A./M.A./PhD (three-cycle)-Systems, dem Qualifikationsrahmen des Europäischen Hochschulraums (QF-EHEA) und ECTS als gemeinsame "Währung" für akademische Leistungen basiert auf Lernergebnissen, sowie flankiert durch die Lisbon Recognition Convention (LRC), sowie der Standards and Guidelines for Quality Assurance in the European Higher Education Area (ESGs).
Viele der Befürchtungen, die Kritiker*innen inklusive Studierendenvertretungen hatten, scheinen sich hierbei zumindest in Westeuropa bewahrheitet zu haben. Der Trend geht dahin immer schneller zu studieren, die Betreuungs-Relationen zwischen Studierenden und Lehrpersonal sind so schlecht wie nie zuvor, oftmals folgen Studienpläne einem Schema F mit wenig Freiräumen und New Public Management-Prinzipien haben sich zu Lasten des humboldtschen Bildungsideals niedergeschlagen. Schneller, besser, effizienter und ab in den Arbeitsmarkt - das scheint das Erbe von Bologna zu sein. Oder?
In Deutschland gibt es den Hang dazu, alles, was schlecht läuft, auf Bologna zu schieben. Doch kaum eine*r weiß hier zu Lande überhaupt, was Bologna überhaupt ist und kann, und was nicht. Der Bologna-Prozess ist durch Freiwilligkeit gekennzeichnet. Jeder Entschluss, der gefasst wird, bedarf der Einstimmigkeit und selbst dann obliegt es den Mitgliedsstaaten und Hochschulen, wie sie die in der Regel doch sehr vagen Beschlüsse umsetzen. So ist es dann auch nur schwer zu begründen, dass die deutsche Interpretation, wie Bologna umzusetzen sei, aufgrund des europäischen Hochschulraumes selbst in exakt jener Weise geschehen ist, wie wir es heute kennen. So wird beispielsweise gerne argumentiert, dass aufgrund des Strebens nach Vergleichbarkeit heutzutage das Studium von Verschulung und Prüfungswahn im Schema-F-Format gekennzeichnet ist. Doch die Realität ist, dass jene Entwicklung tatsächlich nicht von Bologna ausging, da es nie Vorgaben hierzu gegeben hat. Es waren vielmehr Entscheidungen der Hochschulen (Stichwort Hochschulautonomie) kombiniert mit einer deutschen Politik, die die employability und New Public Management-Prinzipien im Hochschulbereich einforderte und mit der heutigen chronisch vorherrschenden Unterfinanzierung die Entwicklung der unternehmerischen und Arbeitsmarkt-bezogenen Hochschule katalysiert hat. So greift es letztlich argumentativ nicht, Bologna die Schuld für den deutschen Weg in die Schuhe zu schieben, was auch der Blick über den Tellerrand in andere Länder bezeugt.
Science Diplomacy, Sicherheitspolitik und die EHEA
Ein zweiter Impetus von Bologna war, durch die Harmonisierung der Hochschulsysteme sich politisch im weltweiten Dominanzstreben vorteilhafter aufzustellen (s. Bologna Declaration). Durch den gemeinsamen Hochschulraum sollte, so die Hoffnung, eine europäische Kultur gefördert werden, wobei die Mobilität von Europäer*innen sowohl als zweckdienlich (kultureller Austausch und Verständigung) und als Zweck an sich (Arbeitsmigration) angesehen wurde. So traten 2003 und 2005 diverse Staaten des Balkans, des Kaukasus, Russland und die Ukraine bei. Der Einfluss auf jene Hochschulsysteme war hierbei groß, da Reformen, um den Mitgliedschaftskriterien zu genügen, angestrengt wurden (e.g. Einführung von ECTS, Qualitätssicherung und Studierendenpartizipation). Seither wurde durch die EHEA ein Prozess der fortschreitenden Internationalisierung des europäischen Hochschulraumes vorangebracht, welcher auf der Basis von Austausch- und Kooperationsprojekten auch für geopolitische Interessen zweckdienlich wurde. Indes war der Beitritt von Belarus 2015 durchaus nicht unumstritten. So argumentierte ESU damals wie heute, dass Belarus den demokratischen Werten der EHEA nicht entspricht.
Zwar gab es schon seit Bestehen des Bologna-Prozesses immer wieder Vorfälle, in denen Mitgliedsstaaten andere Mitgliedsstaaten angegriffen haben (e.g. Nagorno-Karabakh Konflikt, Annexion von Abchasien, Südossetien und der Krim). Doch in der Regel verblieben jene Ereignisse in der EHEA unkommentiert (abgesehen von den Interventionen der europäischen Studierendenvertretung). Selbst die systematische Verfolgung von Studierenden und Lehrenden in Belarus wurde totgeschwiegen. Erst der Angriffskrieg Russlands mit Unterstützung von Belarus gegen die Ukraine hat in der EHEA erstmalig die offene Debatte angeheizt, unter welchen Bedingungen eine Mitgliedschaft den Grundwerten des Bologna-Prozesses entgegensteht und ob und wie überhaupt ein Land, dass in einem freiwilligen Prozess, welcher auf Einstimmigkeit basiert, beigetreten ist, aus jenem Prozess ausgeschlossen werden kann. Als bislang einzige Antwort wurde eine Suspendierung beider Länder gefunden. Dabei hat Russland im vergangenen Jahr verlautbart, sich vollkommen von Bologna abwenden und das frühere russische Hochschulsystem wieder einführen zu wollen, während Belarus nie oder nur im Ansatz die notwendigen Bologna-Reformen umgesetzt hat.
Bologna studentisch nutzbar machen
Doch wie schon mehrfach besagt, ist nicht alles an Bologna schlecht. Im Gegenteil! Wenn gewusst wie, können wir als Studierende Bologna zu Gunsten besserer Studienbedingungen nutzbar machen. Schlaglichtartig werden daher drei Aspekte im Folgenden beleuchtet: Qualitätssicherung (QS), Social Dimension und Fundamental Values, insbesondere auch in Hinblick auf aktuelle Debatten.
Qualitätssicherung
Durch die EHEA wurde die Frage der Qualitätssicherung in Europa vorangetrieben, um vergleichbare Standards und dadurch Vertrauen zwischen den Hochschulsystemen zu schaffen. Zwar gibt es Kritik an der Qualitätssicherung, da diese die Neoliberalisierung und Verwertbarkeit von Lehre bezwecke. Jedoch haben QS-Prozesse in Kombination mit Zielen wie studierenden-zentrierter Lehre, der Offenlegung von erforderlicher Arbeitszeit und Lernzielen und der Anspruchssetzung, Lehre pädagogisch und holistisch zu konzipieren, auch durchaus positive Aspekte. Durch das Erfordernis, dass Studierende in Qualitätssicherungsprozessen als Gutachter*innen einzubeziehen sind, können hierbei studentische Interessen vertreten und merkliche Verbesserungen von Studiengängen erwirkt werden, da bindende Auflagen zur Überarbeitung von Studiengängen durch die Gutachtenden vorgegeben werden können. Insbesondere die ESGs (Standards and Guidelines for Quality Assurance in the EHEA) sind hierbei ein zweckdienliches Instrument.
Social Dimension
Zu Anfang des Bologna-Prozesses kamen sozialpolitische Aspekte von Hochschulsystemen kaum vor. Durch jahrelange Lobby-Arbeit konnte die European Students‘ Union schließlich erreichen, dass bis 2020 innerhalb einer Arbeitsgruppe die PAGs (Principles and Guidelines to Strengthen the Social Dimension of Higher Education in the EHEA) ausgearbeitet wurden. Dieses Tool kann dazu genutzt werden auf die Selbstverpflichtung der Nationalstaaten hinzuweisen und Veränderungen einzufordern. Darüber hinaus wurden seit 2020 Indikatoren entwickelt, um die Social Dimension messbar zu machen und in der Zukunft ein europaweites Monitoring zu ermöglichen. Die Hoffnung ist, dass Studierendenvertretungen hierdurch Druck auf ihre Nationalstaaten ausüben können, insbesondere wenn sie in bestimmten Bereichen im Vergleich besonders schlecht abschneiden. Die PAGs lassen sich hierbei nicht nur auf Bund-/Länderebene, sondern auch auf Ebene der Hochschulen nutzbar machen, insbesondere wenn einige der Aspekte Einzug in Qualitätssicherungsprozesse halten und/oder für die Entwicklung von Strategien, Zielvorgaben und deren Implementierung genutzt werden. Da die ESU die Arbeitsgruppen on Social Dimension koordiniert und mehrere Studierende Mitglied der Arbeitsgruppen waren, konnte hierbei auch die studentische Perspektive adäquat eingebracht werden, wodurch die PAGs und die Indikatoren deutlich studierendenfreundlicher sind als sie andernfalls vermutlich gewesen wären, wenn sie überhaupt existiert hätten.
Fundamental Values
Aufgrund des russischen Angriffskriegs, der massiven politischen Verfolgung von Hochschulmitgliedern in Belarus und der Zunahme von politischen Angriffen auf Hochschulen und Hochschulmitglieder in vielen Ländern Europas (e.g. Türkei, Griechenland, Ungarn etc.), einigten sich Minister*innen 2020 im Rome Communiqué und einem Annex auf ein gemeinsames Verständnis von akademischer Freiheit. Anschließend wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die mit Unterstützung von Expert*innen ein gemeinsames Verständnis der fundamentalen Werte, welche den Bologna-Prozess und den europäischen Hochschulraum prägen, definieren sollte. Während der diesjährigen Ministerialkonferenz in Tirana werden daher Definitionen und politische Ansprüche mit Blick auf Hochschulautonomie, Partizipation von Studierenden und Angestellten an der Hochschulgovernance, Verantwortung für und von Hochschulen sowie akademische Integrität verabschiedet. Anschließend, im nächsten Arbeitszyklus, soll ein Monitoring ausgearbeitet werden, um zukünftig die Situation der fundamental values in der EHEA regelmäßig zu überprüfen. Hierdurch würde, wenn dies Realität wird, ein Instrument entstehen, welches verschiedenste Facetten akademischer Freiheit beleuchtet und die Nationalstaaten vergleichbar macht und welches auch als Ausgangspunkt für Strategien und Initiativen dienen kann, um Hochschulsysteme und die akademische Gemeinschaft auf nationaler Ebene besser zu schützen. Letztlich können Studierende dieses Tool nutzen, um Veränderungen einzufordern. Es wird auch schon leise darüber nachgedacht, inwiefern Qualitätssicherungsprozesse hier eine Rolle spielen könnten.
Blick auf die Zukunft
Aus europäischer Studierendenperspektive ist Bologna sicherlich nicht perfekt und manch politischer Impetus gehört sicherlich hinterfragt. Jedoch bieten dieselben Tools, welche so oft der Kritik unterliegen, auch Möglichkeiten, studentische Interessen voranzubringen. Es liegt also letztlich an den Mitgliedern der akademischen Gemeinschaft und den Nationalstaaten (sowie in Deutschland den Ländern), wie Bologna nutzbar gemacht wird. Alles in allem ist Bologna ein Erfolg, denn nirgends anders ist die Harmonisierung von Hochschulsystemen so vorangeschritten wie in Europa, was ein hohes Maß an Mobilität während des Studiums und nach Studienabschluss ermöglicht.
Doch die Zukunft von Bologna ist ungewiss. Inzwischen zeichnet sich ab, dass manche Mitgliedsländer in den Reformprozessen weit hinterherhinken und in Teilen auch der politische Wille fehlt, aufzuholen. Dies hat die EU auf den Plan gerufen, welche inzwischen mit der European Education Area einen Parallelprozess in Gang gesetzt hat, der schlimmstenfalls zu einem Auseinanderdriften führen könnte. Auch wird sich die Frage danach, wann rote Linien überschritten sind, in den kommenden Jahren sicherlich immer öfter stellen, nicht nur in Bezug auf Russland und Belarus. Denn beispielsweise sprechen sich Ungarn, die Türkei und Aserbaidschan seit geraumer Zeit immer öfter gegen Ideale aus, welche in vergangenen Ministerialdeklarationen längst als Ziele ausgewiesen wurden, allen voran mit Blick auf Gender- und Gleichstellungsfragen. Die Auswirkungen der erstarkenden Rechten in Europa und das Voranschreiten illiberaler Rollbacks schließen sicher hierbei unmittelbar an, insbesondere mit Blick auf den Schutz der akademischen Gemeinschaft und der Freiheit von Lernen, Lehre und Wissenschaft. Auch stehen wir in Europa vor der Frage, ob wir dem Paradigma der offenen und inklusiven Hochschulbildung weiterhin folgen, oder aber sozialpolitische Aspekte und die Idee von Bildung für Alle zu Gunsten von Elitarismus und unter Vorzeichen der Unterfinanzierung von Hochschulsystemen über Bord werfen. Und gleichzeitig redefinieren die rapiden technologischen Entwicklungen und multiplen sozio-ökologischen Krisen die Rolle von Hochschulen als Orte, in denen Antworten gefunden und Know-how vermittelt werden können.
Letztlich ist Bologna vieles, aber vieles eben auch nicht. Sicher ist nur, dass nach 25 Jahren Bologna das ist, was man aus Bologna macht. Angesichts dessen bleibt nur der Appell, sich der Aufgabe in Deutschland endlich systematisch und gemeinschaftlich unter Einbezug von politischen Entscheidungstragenden, Lernenden, Lehrenden und Forschenden zu stellen.
Anmerkungen
1) www.bpb.de/themen/bildung/dossier-bildung/204075/bologna-die-ungeliebte-reform-und-ihre-folgen/.
2) www.fzs.de/2012/08/08/10-jahre-bologna-reform-im-hrg-klingt-nach-pasta-ist-aber-kaese/.
3) www.esu-online.org/publications/esu-publishes-30th-anniversary-publication/.
Iris Kimizoglu ist Vize-Präsidentin der European Students‘ Union. Dort ist sie zuständig für die Arbeitscluster "Social Dimension" und "Public Responsibility, Governance and Financing of Higher Education" mit besonderem Fokus auf (studentische) akademische Freiheit und studentische Rechte. 2020/21 war sie im Vorstand des freien zusammenschlusses von student*innenschaften. Sie studiert im M.A. Politikmanagement an der Universität Duisburg-Essen.

