BdWi - Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler

»Wissenschaft ist also ein prinzipielles Gegen-den-Strom-Schwimmen.«

Klaus Holzkamp

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BdWi verurteilt Klagewelle gegen ASten

30.06.1998: Pressemitteilung des BdWi zum sog. politischen Mandat

Die StudentInnen streiten um das Recht auf Meinung: BdWi verurteilt Klagewelle gegen ASten

Die derzeit anhängigen Klagen gegen verschiedene StudentInnenvertretungen hat der Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (BdWi) verurteilt. Daß diese Klagen gerade jetzt unter anderem vom RCDS betrieben werden, sei kein Zufall. Vielmehr hänge dies damit zusammen, daß die Hochschulen zunehmend unter das Diktat der Ökonomie gestellt und gleichzeitig entpolitisiert werden sollen. Die aktuelle Welle von Gerichtsverfahren ist, so der BdWi, der Versuch, den christdemokratischen Anspruch auf "geistig-moralische" Führung auf juristischer Ebene zu verwirklichen. Dabei sei die Trennung von Hochschulpolitik und Allgemeinpolitik eine Fiktion.

Erklärung zu den Klagen gegen die Wahrnehmung des sog. Politischen Mandats durch gewählte Studierenden-Vertretungen

Der Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verurteilt die durch RCDS und andere rechte Gruppierungen gesteuerten Klagen gegen demokratisch gewählte linke ASten. Daß diese Klagen gerade jetzt erfolgen, ist kein Zufall: Im Zuge der neoliberalen Ökonomisierung der Hochschulen sollen diese entpolitisiert werden. In diesem Kontext sieht der BdWi in der Klagewelle den Versuch, in juristischer Form Kritik am CDU-Anspruch auf "geistig-moralische" Führung zu unterbinden. Linke ASten gelten als Störfaktor für das vom Präsidenten des Deutschen Hochschulverbandes, Hartmut Schiedermair, 1995 beschworene reaktionäre Konzept der "inneren geistigen Einheit" der Universitäten.

Derartige Führungs- und Einheitsvorstellungen gehen daran vorbei, daß es konfligierende gesellschaftliche Interessen gibt, die sich etwa in forschungspolitischen Schwerpunktsetzungen niederschlagen und die in wissenschaftlichem Denken reflektiert werden müssen. In so unterschiedlichen Bereichen wie Gentechnologie, Technikfolgenabschätzungen oder Ursachen des Rassismus läßt sich der Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen Interessen, politischen Positionen und wissenschaftlichem Denken und Handeln leicht aufweisen. Nicht der Verweis auf diesen Zusammenhang ist politisch skandalös, sondern jede Behinderung, ihn öffentlich zu diskutieren.

Hochulpolitik und Politik lassen sich nicht trennen

Die saubere Trennung von Hochschulpolitik und Politik ist eine Fiktion:

  • Wie soll eine gesellschaftliche Verantwortung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aussehen, die an dieser Trennung klebt?
  • Wie sollen Studierenden-Vertretungen ihrem demokratisch legitimierten Auftrag nachkommen, wenn es sie hohe Strafgelder kostet, argumentativ und kritisch den Zusammenhang von Ökonomie, Politik und Hochschule herzustellen, den die Rede des Bundespräsidenten zu Bildung und Hochschule vorführte?
  • Sollen ASten bei Stellungnahmen gegen Rassismus danach differenzieren müssen, ob die Opfer von Rassismus Studierende sind oder nicht? Wie soll die unmittelbare Solidarität mit rassistisch verfolgten Menschen - ein fundamentaler humanistischer Akt - begründet werden, wenn nicht mit allgemein-politischen und damit natürlich auch politisch strittigen Bezügen?
  • Wer hat inhaltlich ein Interesse daran, Studierenden-Vertretungen daran zu hindern, die Militarisierung der Gesellschaft, die in öffentlichen Gelöbnissen zum Ausdruck kommt, zu kritisieren?
  • Wie können sie ASten ernsthaft in den Streit über die Finanzierung von Bildung einmischen, wenn sie sich nicht in die gesellschaftlichen Prozesse einmischen dürfen, mit denen Bildung inhaltlich (Geschichtsbild) und - über Verteilungskämpfe bzw. Prioritätensetzungen - finanziell vermittelt ist? Soll es Studierenden-Vertretungen (wie im Falle Münster) wirklich verboten sein, sich fachbezogen mit Fragen des Geschichtsbildes auseinander zu setzen?

Es geht auch um die gesellschaftliche Verantwortung der Wissenschaft

Die so absurde wie kleinkarierte Trennung von hochschulpolitischem und politischem Mandat muß aufgegeben werden. 1949 hieß es im sog. Neumann-Report über die etwa ein Jahr alte FU Berlin: "Im großen und ganzen sind die Studenten wahrscheinlich der größte einzelne Aktivposten, den die FU vorweisen kann. Sie sind intelligent, politisch aufgeweckt, fleißig und liebenswürdig." Wieso sollen sie das in ihrer den AStA wählenden Mehrheit heute nicht mehr sein? Daß diese politisch aufgeweckten Studenten politisch eingeweckt werden sollen, entspricht jener langen konservativen Politiktradition, der gesellschaftskritisches Potential in den Universitäten gegen den Strich geht. Insofern erweist sich der RCDS mit seinen Klagen nicht als Motor, sondern als Auspuff der CDU.

Der BdWi unterstützt die Kampagne der ASten zur Durchsetzung ihrer Artikulation der gesellschaftlichen Verantwortung von Wissenschaft.

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