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Klaus Holzkamp

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Forum Wissenschaft 3/2021

14.09.2021: Zwischen Brain Drain und Postkolonialismus. Wissenschaft im "Globalen Süden"

  
 

Forum Wissenschaft 3/2021; Foto: Ale Grutta Foto / shutterstock.com

Mit der Herausbildung der politisch-militärischen Blöcke nach dem Zweiten Weltkrieg und der sich entfaltenden Konfrontation des "Kalten Kriegs" entstand auch ein Zusammenschluss verschiedener nichtpaktgebundener Staaten, für die sich der Begriff "Dritte Welt" etablierte. Infolge des weitgehenden Zusammenbruchs des westlichen Kolonialsystems wuchs der Kreis dieser Länder in den 1960er Jahren massiv an. Zugleich begann aber auch eine Umdeutung der Begrifflichkeit: Unter "Dritte Welt" wurden nun zunehmend jene Länder verstanden, die als "unterentwickelt" galten. In dieser Wortwahl manifestiert sich eine Dominanz europa-amerikazentrischer Entwicklungs- und Modernisierungsvorstellungen, die - trotz gewisser Bemühungen - bis heute ungebrochen ist. Zu diesen Bemühungen gehört auch ein Wandel des Vokabulars. "Dritte Welt" ist als Bezeichnung heute weitgehend verschwunden. Das Ende des Kalten Kriegs erforderte neue Benennungen. So setzten sich seit den 1990er Jahren die Bezeichnungen "Globaler Norden" und "Globaler Süden" durch, auch im wissenschaftlichen Bereich.

Im Kontext der Covid-19-Pandemie und der Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung sind die Nord-Süd-Verhältnisse verstärkt in die öffentliche Aufmerksamkeit geraten. Eine dauerhafte Eindämmung der Pandemie kann nur global erfolgreich sein. Die dafür nötigen Impfstoffe sind aber weitgehend in den Ländern des "Nordens" konzentriert, zugleich werden Wege blockiert, die ärmeren Ländern eine Eigenproduktion von Impfstpoffen ermöglichen könnten.

Dies lenkt unseren Blick auf globale Hierarchien und Abhängigkeitsverhältnisse im Bereich der Wissenschaft: Woran liegt es, dass Akteur*innen aus dem "Globalen Süden" in der internationalen Wissenschaftscommunity kaum wahrgenommen werden? Welche Strukturen und Netzwerke spielen hierfür eine Rolle?

Wir wollen in diesem Heft einen Blick auf die Perspektiven des "Globalen Südens" werfen, schauen auf die Genese dieses Begriffs und auf die Situation von Wissenschaft und Forschung in einzelnen Ländern. Wir widmen uns Fragen internationaler Forschungskooperation zwischen Nord und Süd: Inwiefern sind Projekte in diesem Rahmen von postkolonialen und rassistischen Einstellungen und Strukturen geprägt? Und wie problematisch ist der "Brain drain" durch die massenhafte Migration von Hochqualifizierten in Richtung Norden?

Aus dem Inhalt:

Perspektiven des Globalen Südens

  • "Globaler Süden" in der Wissenschaft. Stefan Lüder reflektiert Definitionen
  • und Verwendungsweisen
  • Postkoloniale Forschungsrealitäten. Yvonne Franke fordert gleichberechtigte
  • Nord-Süd-Kooperation
  • Towards epistemological alliances Eine Dekolonisierung der Wissenschaft fordern
  • Yvonne Wechuli, Bonventure Obeka und Dominic Dinh
  • Postkoloniale Forschungskooperation. Regina Schleicher skizziert Wege zum Abbau
  • postkolonialer Abhängigkeiten
  • 21st century imperialism
  • and the export of labour power Die Verschärfung des Brain-Drain-Problems analysiert Raúl Delgado Wise
  • Wissenschaft in der multiplen Krise. Andrés Musacchio erläutert das
  • argentinische Wissenschaftssystem
  • Wissenschaft, Aktivismus und prekäre Autonomie. Mirjana Mitrovic und Elena von Ohlen geben Einblicke in die Universidad Nacional Autónoma de México
  • Nei und Wai. Cord Eberspächer über China in Eigenwahrnehmung und Außensicht

Bildung und Wissenschaft

  • "Deutschland zögert, Bayern handelt?". Die bayerische Hochschulreform kritisiert Christiane Fuchs
  • 50 Jahre BAföG? Kein Grund zu feiern!. Anlässlich des Jubiläums ziehen Carlotta Kühnemann und Jonathan Dreusch Bilanz
  • Auch an Hochschulen die Machtfrage stellen!. Die aktuelle TVStud-Bewegung beleuchten Ann-Kathrin Hoffmann und Marvin Hopp
  • Lecturer vs. Tenure Track?. Simone Claar und Kristin Eichhorn diskutieren Personalmodelle an Hochschulen

Gesellschaft

  • Fachwissenschaften und Leitung der Gesellschaft. Bernhelm Booß-Bavnbek und Jens Høyrup analysieren die Verschmelzung von Wissenschaft und Leitung
  • Nicht zukunftsfähig. Timo Heimberger stellt das "Kippmodell der Nachhaltigkeit" vor
  • Sentio ergo sum. Das Verhältnis zwischen Intellekt und Emotion resümiert Jos Schnurer
  • Frauenbewegung von rechts Bruno W. Reimann zeichnet die Geschichte
  • des "Bundes Königin Luise" nach

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