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Klaus Holzkamp

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Flüchtlingsschutz? Paaahh!

15.12.2005: Europäischer Bunker - davor: Lager

  
 

Forum Wissenschaft 4/2005; Titelbild: Hermine Oberück

Die Ereignisse von Melilla und Ceutá waren nicht die ersten dieser Art und werden nicht die letzten sein. Sie sind Planungs- und Politikergebnisse neokolonialer, dann neoliberaler Verarmungspolitiken, europäische, deutsche herrschende Politik und werden systematisiert. Planungen der deutschen Exekutive und der EU-Kommission zeigen es. Sie spotten der Europäischen Menschenrechtscharta, des Art. 1 GG und der von der Bundesregierung unterzeichneten internationalen Verträge zum Flüchtlingsschutz. Wir dokumentieren Informationen von www.german-foreign-policy.com (Newsletter vom 19.09.2005 bzw. 11.10.2005), Indymedia und Zugriffsmöglichkeiten auf weitere Medien, die u.a. der BUKO-Newsletter vom 19.10.2005 verbreitete www.buko.info , mail@buko.info ). - Die Redaktion bittet die LeserInnen, Flüchtlinge über Proteste hinaus zu unterstützen, z.B. durch ihre fachlichen rechtlichen, sozialpolitischen, medizinischen u.a. Kenntnisse.

BERLIN/BRÜSSEL/TRIPOLIS/MINSK- Das Berliner Innenministerium (BMI) will in Zentralafrika sowie in Osteuropa Menschenlager für Flüchtlinge errichten und die bisherigen Auffangplanungen international ausweiten. Dies bestätigen Strategiepapiere des BMI und der EU-Kommission. Gedacht ist an Lager in Tansania ebenso wie in der Ukraine, in Moldawien und Belarus. In den Lagern, die als "Aufnahmeeinrichtungen" bezeichnet werden und angebliche "Schutzkapazitäten" bereit halten, sollen Armutsflüchtlinge vor einer möglichen Einreise in die europäischen Kernstaaten gesammelt, auf ihre wirtschaftliche Verwendbarkeit geprüft und anschließend entweder dem europäischen Billiglohnsektor oder der Abschiebung in ihre Herkunftsregionen zugeführt werden. Entsprechende Pilotprojekte ("regionale Schutzprogramme") sollen im Jahr 2007 evaluiert und auf eine mögliche Verstetigung geprüft werden. Wie der amtierende deutsche Innenminister mitteilt, entsprechen die auch von Brüssel getragenen Vorhaben "in Inhalt und Zielrichtung weitgehend meinen Anregungen". german-foreign-policy.com veröffentlicht Auszüge aus den Strategiepapieren.1

RABAT/BERLIN - Angesichts des Flüchtlingsdramas in Marokko verlangt der deutsche Innenminister die "Rückführung illegaler Migranten" in ihre mutmaßlichen Herkunftsländer und droht aufnahmeunwilligen afrikanischen Armutsstaaten mit Sanktionen. Zur Sicherung der EU-Außengrenzen gegen unerwünschte Einwanderung müsse Brüssel außerdem eine europäische Grenzschutzpolizei einrichten, fordert Otto Schily (SPD) vor dem morgigen Treffen mit seinen EU-Amtskollegen, auf dem eine wirksamere Abschottung der spanischen Exklaven Ceutá und Melilla besprochen werden soll. Die marokkanischen Repressionsapparate, die weiterhin hunderte Flüchtlinge in der Wüste aussetzen und dort dem Sterben preisgeben, sind in den vergangenen Jahren durch staatliche Ausbildungsmaßnahmen und mit millionenschweren Materiallieferungen aus Deutschland aufgerüstet worden.2

Immer mehr Menschen versuchen, die Grenzen der Festung Europa in Nordafrika zu überwinden. In den letzten Tagen hat es viele Tote gegeben; viele Menschen werden jetzt in der Sahara ausgesetzt und werden verhungern und verdursten. Europaweit finden Proteste statt, viele unter dem Motto ‚Nicht in unserem Namen‘, der erste in Brüssel. Am Mittwoch beteiligten sich in Frankfurt zwischen 100 und 200 Menschen an einer Demonstration zum spanischen Konsulat. Donnerstag wurden in Osnabrück mehrere große Transparente aufgehängt, in Rabat (Marokko) gab es einen Sitzstreik, in Lindau eine Mahnwache. Freitag demonstrierten vier- bis fünfhundert Personen in Hamburg und marokkanische Organisationen in Den Haag. In Spanien gab es Demonstrationen in Madrid, Pamplona, am Sonntag in Barcelona mit 2000 Personen. Die IOM behauptet derweil, die MigrantInnen wollten gern wieder nach Hause. Die Polisario meldet weiterhin, immer wieder in der Wüste ausgesetzte Flüchtlinge zu retten. Am Samstag 4 demonstrierten 50 Menschen in München. […]

Die Tragödie in Ceutá - ein Zeugenbericht: Interview mit Helena von der Südgrenze in Ceutá

Übersetzung eines Interviews aus dem Italienischen mit einer Sozialarbeiterin aus Ceutá, die mit ihrer Gruppe die illegalisierten Menschen aus der Subsahara unterstützt, unter: www.labournet.de/diskussion/grundrechte/asyl/ceuta.html

Übersicht über europaweite Protestaktionen: at.indymedia.org/newswire/display/54605/index.php

Das Mittelmeer als neuer Raum der Abschreckung. Flüchtlinge und MigrantInnen an der südlichen EU-Außengrenze Studie von Helmut Dietrich, Forschungszentrum Flucht und Migration (FFM) in Berlin: www.ffm-berlin.de/mittelmeer.html

Redebeitrag von "Kein Mensch ist illegal" am 11.10. in Frankfurt: Seit vielen Jahren kritisieren und protestieren wir in unterschiedlichen Formen gegen das tödliche europäische Grenzregime. Angesichts der Ereignisse der letzten Wochen, angesichts der offensichtlich gezielten Schüsse auf MigrantInnen in Ceutá und Melilla müssen wir nun von einem wahrlich mörderischen Grenzregime sprechen! [….] Kompletter Redebeitrag unter: www.aha-bueren.de/kmiirede.htm

Ein "Allzweckflyer" zu Melilla/Ceutá findet sich unter: carava.net/download/crossing.the.border.pdf (903kb)

Eine Indymedia Print Ausgabe vom 12.10.: media.de.indymedia.org/media/2005/10/129982.pdf (815kb)

Übersichten und Links zu verschiedenen Medien finden sich beim Flüchtlingsrat Hamburg: fluechtlingsrat-hamburg.de/

Weitere Links: noborder.org; www.no-racism.net; de.indymedia.org; at.indymedia.org; estrecho.indymedia.org; carava.net.


Anmerkungen

1) www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56024

2) Vgl. auch www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56052

3) de.indymedia.org/2005/10/129667.shtml (ohne Zugriffsdatum)

4) Gemeint: 15.10. (Red.)

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