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»Wissenschaft ist also ein prinzipielles Gegen-den-Strom-Schwimmen.«

Klaus Holzkamp

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DFG - oder: Deutsches Forschungsgully

09.01.2013: Dokumentarischer Kurzbeitrag zur Wissenschaft im/als Bonzenpark1

  
 

Forum Wissenschaft 4/2012; Foto: Fotolia.com – alphaspirit

Zahlreiche wissenschaftliche Forschungsvorhaben sind nur durch externe finanzielle Unterstützung in Form sogenannter Drittmittel umsetzbar. Zu den wichtigsten Institutionen der Forschungsförderung gehört die in Bonn ansässige Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die sich auch gern als "die zentrale Selbstverwaltungsorganisation der deutschen Wissenschaft" bezeichnen lässt. Doch Fördermittel von der DFG bewilligt zu bekommen ist schwierig - mitunter sogar unmöglich, wie Richard Albrecht zu berichten weiß.

Wissenschaft "... eine Festung der Engstirnigkeit ... Benutzbarkeit wird zum Kriterium ... Was nicht ins Bild paßt, wird ausgesperrt. Die großen Vernachlässiger. Die Kurvenanpassung mit Korrekturgliedern. Das Denken mit unverrückbaren Ausgangspunkten, und von da an wird immer ein wenig geschwindelt. Die Naturverwüstung kommt in zweiter Linie, zuerst die Menschenverwüstung, Verkarstung des Bewußtseins. Erfolg als Kriterium für Richtigkeit."2

In diesem Beitrag geht es um eine sozialwissenschaftliche Kritik an der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Die DFG ist ein eingetragener (privatrechtlich organisierter) gemeinnütziger Verein mit den Aufgaben: "Die Deutsche Forschungsgemeinschaft dient der Wissenschaft in allen ihren Zweigen durch die finanzielle Unterstützung von Forschungsaufgaben und durch die Förderung der Zusammenarbeit unter den Forscherinnen und Forschern", genauer:

"Mit einem jährlichen Etat von inzwischen mehr als zwei Milliarden Euro finanziert und koordiniert die DFG in ihren zahlreichen Programmen über 20.000 Forschungsvorhaben einzelner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie von Forschungsverbünden an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Dabei liegt der Schwerpunkt in allen Wissenschaftsbereichen in der Grundlagenforschung."3

Abgesehen von der (früher dokumentierten) Problematik des neuen wissenschaftlichen "open access"-Publizierens, zu der sich die DFG-Spitze bereits 2007 bekannte und zu dem sie "alle von ihr geförderten Wissenschaftler"4 auffordert/e, gibt es ein (hier nicht weiter zu diskutierendes) Grunddilemma der DFG-Forschungsförderung. Dieses ist auch dem deutschsprachigen Netzlexikon wikipedia nicht verborgen geblieben. Es wurde im dortigen Lemma vorsichtig so ausgedrückt:

"Die Begutachtungspraxis von Förderanträgen genügt [...] nicht rechtsstaatlichen Anforderungen, da Entscheidungen nicht begründet werden und keine Widerspruchsmöglichkeiten bestehen."5

Doppelcharakter von Wissenschaft

Den Doppelcharakter von Wissenschaft hat Carl Djerassi im Postscript zum Satireroman Cantors Dilemma (1989) bündig beschrieben: "Science is both disinterested pursuit of truth and a community, with its own customs, its own social contract"6. Das heißt: Wissenschaft ist immer beides zugleich, sowohl Erkenntnisform als auch Handlungssystem. Auf der Ebene der [scientific] community, hier der DFG-Wissenschaftlergemeinde, wurde die Problematik im Zusammenhang mit Guttenbergs Fall deutlich im am 25. Februar 2011 öffentlich bekräftigten Erkenntnisanspruch der DFG: "Wissenschaft beruht auf Wahrhaftigkeit, Redlichkeit und Vertrauen."7 Dies kann unter Vermeidung aller Eindimensionalität und unter Einvernahme der Möglichkeitskategorie bedeuten: Die DFG wirkt als realexistierende non-equal-chance-institution infolge ihrer Chancenungleichheiten wegen fehlender Zugangsoffenheit/en, Prozesstransparenz und Ausgangskontrolle/n empirisch nicht nur aspekthaft als ganzdeutsche Leitinstitution zur Forschungsverhinderung.

Wenn Siegfried Kracauers These: "Der Ort, den eine Epoche im Geschichtsprozeß einnimmt, ist aus der Analyse ihrer unscheinbaren Oberflächenäußerungen schlagender zu bestimmen als aus den Urteilen der Epoche über sich selbst"8 auch nur im Ansatz zutrifft - dann sind in einer bürokratischen Großorganisation wie der Bonner DFG als "unscheinbare Oberflächenäußerungen" bestimmte Regeln, Regularien und Richtlinien zur "Forschungsförderung" von besonderem Interesse: etwa die ab Juli 2010 geltenden (und von mir als wissenschaftshistorische Zäsur oder grundlegender Einschnitt bewerteten) "Neuregelungen für Publikationsverzeichnisse in Anträgen, Antragsskizzen und Abschlussberichten" von DFG-Wissenschaftlern mit Hinweis auf die nun nur noch "optionale[n] Lektüre" von Forschungsanträgen beigefügten "Arbeiten" des/der Antragsteller, was erstens meint: Gutachter dürfen - müssen aber die Textanlagen zum Forschungsantrag nicht (mehr) lesen. Zweitens: Antragsteller dürfen nur noch "fünf Arbeiten in Publikationsorganen" in ihrem "wissenschaftlichen Lebenslauf" "aufführen". Und drittens ist hier einschlägig insbesondere die formelle Neuregelung der "Antragsberechtigung" bei "Forschungsstipendien" promovierter Wissenschaftler im 19-seitigen DFG-Vordruck 1.04 - 10/09. Dort heißt es zur "Integration" ins "deutsche Wissenschaftssystem":

"Für ein Forschungsstipendium sind Sie als Wissenschaftlerin und Wissenschaftler grundsätzlich antragsberechtigt, wenn Sie in das deutsche Wissenschaftssystem integriert sind. In der Regel gelten Sie als integriert, wenn Sie unmittelbar vor der Antragstellung mindestens drei Jahre während der Promotions- und/oder Postdoc-Phase ununterbrochen wissenschaftlich in Deutschland gearbeitet haben."9

Individueller Ausschluss

Das deutet so folgerichtig und konkret ad pers.: ich selbst bin als Dr. phil. ("summa cum laude" [sine fraude]), weil bisher nicht "mindestens drei Jahre [lang] während der Postdoc-Phase ununterbrochen in Deutschland" als (Sozial-) Wissenschaftler beschäftigt, per definitionem n i c h t automatisch antragsberechtigt. Das von mir in Form "gratiser Privatarbeit" (Marx) vorbereitete höchstanspruchsvolle Forschungsprojekt über Zwei Jahrhunderte deutsche Geistes- und Sozialwissenschaftsgeschichte, in welchem "über die doppelte Vermittlung" durch Arbeiten des Soziologen Ferdinand Tönnies (1855-1936) "nahezu zwei Jahrhunderte deutsche Geistes- und Sozialwissenschaftsgeschichte subjektsoziologisch von Johann Wolfgang Goethe (1749-1832) bis René König (1906-1992) strukturierend eingeholt" werden könnte, bleibt als "intellektuell bedeutsames ›weites Feld‹" ein DFG-forschungsförderungsbezogenes Anathema: Ohne Moos nix los. Dieser Prozess wird von und seit Max Weber soziologisch "Schließung der betreffenden (sozialen und ökonomischen) Chancen gegen Außenstehende" genannt.

"Unter sozialer Schließung versteht Weber den Prozess, durch den soziale Gemeinschaften Vorteile zu maximieren versuchen, indem sie den Zugang zu Privilegien und Erfolgschancen auf einen begrenzten Kreis von Auserwählten einschränken. Das führt dazu, dass bestimmte, äußerlich identifizierbare soziale und physische Merkmale als Rechtfertigungsgrund für den Ausschluss von Konkurrenten hervorgehoben werden. Weber nimmt an, dass praktisch jedes Gruppenmerkmal - Rasse, Sprache, soziale Herkunft, Abstammung - herausgegriffen werden kann, sofern es nur zum ›Monopolisieren bestimmter, und zwar der Regel nach ökonomischer Chancen‹ benützt werden kann. Die Monopolisierung richtet sich ›gegen andere Mitbewerber, welche durch ein gemeinsames positives oder negatives Merkmal gekennzeichnet sind, [...] und das Ziel ist: in irgend einem Umfang stets Schließung der betreffenden (sozialen und ökonomischen) Chancen gegen Außenstehende‹."10

Der individuelle Ausschluss ist auch bei der DFG ein formalisierter und institutionalisierter sozialer Prozess. Würde er als institutionelle Regelung folgerichtig angewandt oder konsequent exekutiert, bedeutete dies für Nachgeborene und damit Generationen von Forschern beiderlei Geschlechts entweder auch projektiv deren (wie empirisch: meinen) Ausschluss; oder aber, angesichts zunehmenden "Drucks auf den Magen" (Hermann Heller) eher wahrscheinlich: diese "Nachgeborenen" werden, wenn und insofern die dauerhafte und stetige Beschäftigung in anerkannten ganzdeutschen Wissenschaftseinrichtungen n i c h t mehr typisch und Regel, sondern atypisch und Ausnahme wird, um überhaupt ihre "Antragsberechtigung" darstellen und möglicherweise eventuell DFG-gefördert werden zu können, systematisch ihre Biographien fälschen und personal lügen. Entsprechend des Doppelcharakters des Ausschlussprozesses verbleibt der DFG damit nicht mal mehr eine formaldemokratische Hülle als equal-chance-institution. Vielmehr ist wie im Fall Guttenberg das Verhältnis von Ausnahme und Regel verkehrt, die Ausnahme Regel und "Normalität" zugleich geworden:

"HERA / PT DLR, Berlin, 21.02.2012

Bewerbungsschluss:30.11.2011

"Es gibt eine neue europäische Fördermöglichkeit für die Geisteswissenschaften! Das HERA Joint Research Programme ›Cultural Encounters‹ ist mit einem Budget von 18 Mio. EUR ausgestattet. Es wird im Februar 2012 veröffentlicht und richtet sich gezielt an GeisteswissenschaftlerInnen. Sozialwissenschaftliche Disziplinen können sich beteiligen, solange der Schwerpunkt des Projekts bei den Geisteswissenschaften liegt [...]

Ihr Team der Nationalen Kontaktstelle Sozial-, Wirtschafts- und Geisteswissenschaften [...]"11

In einer öffentlichen Ausschreibung des Deutschen Historischen Instituts Paris (DHIP) wurde Anfang 2012 die DFG-Formel so variiert:

"Zur Förderung von Forschungsaufenthalten in Pariser Archiven und Bibliotheken schreibt das Deutsche Historische Institut Paris das Karl-Ferdinand-Werner-Fellowship aus [...] Das KFW-Fellowship richtet sich an an deutschen Hochschulen eingebundene, historisch arbeitende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (Mindestvoraussetzung ist eine abgeschlossene Promotion), die in Paris und Umgebung Forschungsarbeiten durchführen wollen. - Das DHIP stellt den Fellows in seinem Institutsgebäude kostenfrei ein Gästezimmer mit Internetzugang zur Verfügung und bietet die Anbindung an die Instituts- und Bibliotheksinfrastruktur. Weitere Aufenthalts- und Reisekosten können jedoch nicht übernommen werden."12

Die damit infolge so illusionärer wie falscher Voraussetzungen notwendig produzierte Verkehrung entspricht sowohl (nicht nur, aber nachhaltig) der von der DFG vertretenen Selbsttäuschung und Lebenslüge als auch dem Prozess, den Franz Kafka während des Ersten Weltkriegs bemerkte und lakonisch so beschrieb: "Die Lüge wird zur Weltordnung gemacht."

Als unabhängiger Autor, Bürgerrechtler und Privatgelehrter bewege ich mich seit meiner Nichtberufung auf einen HUB-Lehrstuhl seit zwei Jahrzehnten nicht (mehr) in diesen sozio-pathischen Milieus, die heuer "Wissenschaft" repräsentieren sollen. Ich muss daher als Intellektueller und immer noch aktiver, engagierter und selbstbewusster (Sozial-) Wissenschaftler keinen Bückling machen vor der "zentrale[n] Selbstverwaltungsorganisation der deutschen Wissenschaft" (DFG) und ihrem Gefolge.

Da Autoren wie Walter Schenker (Professor Gifter, 1979), W.E.R. (Reiters Westliche Wissenschaft (1980) und Dietrich Schwanitz (Der Zirkel, 1998) sich faktional dieser verdorbenen "Wissenschaft" (nach)lesbar annahmen, muss dieses so gesellschaftlich korrupte wie sozial korrumpierende Sujet von mir nicht erneut literarautorisch bearbeitet werden - auch wenn die geschätzten Autoren auf der Ebene der Einzelheit noch nichts von dieser aktuellen Hyperabsurdität und doppelten Verkehrung im dickichten Feld realexistierender DFG-"Forschungsförderung" wissen konnten: Fakt dort ist inzwischen - so lassen sich verschiedene "Merkblätter" bündig zusammenfassen - die Übertragung des gescheiterten "Ich-AG"-Modells von Peter-Hartz-IV als Stipendienvergabe an besonders qualifizierte Wissenschaftler. Diese sollen sich selbst eine sogenannte "Eigene Stelle" speziell für "im Ausland" durchzuführende "Forschungsvorhaben" an einer ausländischen Hochschule, deren "Einladung" dem Antrag "beizufügen" ist, schaffen.13

Wissenschaft und Konkurrenz

In hochentwickelt-arbeitsteiligen Gesellschaften mit indirekten Herrschaftssystemen kommt Wissenschaft im allgemeinen so hervorragende Bedeutung zu, dass in den letzten Jahrzehnten zeitweilig öffentlich sogar von wissenschaftlich-technischer Revolution und von Wissensgesellschaft geredet wurde.

Die zitierte DFG-Förderrichtlinie bedeutet fürs ganzdeutsche Wissenschaftssystem und seinen Forschungsbereich nicht nur weiteren (relativen) Autonomieverlust im MTSGR-Sinn von money-makes-this-science-go-round. Sondern wirkt als Meilenstein im/beim Inkorporierungs- oder Vereinnahmungsprozess von Wissenschaft und Forschung, forschender Wissenschaftler und wissenschaftlicher Forscher ins hier schon fortgeschrittenere Politsystem als hypermarodes oder überfälliges Syndrom.

Es ist, als sollte - und wollte - zuvörderst DFG-geförderte "Forschung" (wenngleich dauerhaft nicht nur diese) jetzt den "Hintertreppenwitz der Geschichte" beschleunigt ex negativo befördern - nämlich "dass in diesem Land, in dessen östlichem Teil ein Sozialismus ohne menschliches Gesicht geschichtlich abtrat, nun ein Kapitalismus ohne menschliches Gesicht es so weit brächte, dass auch ihm über kurz oder lang nichts anderes mehr übrigbliebe als der geschichtliche Abtritt, weil er, seiner ungebändigten Eigenlogik folgend, seine kulturellen Grundlagen zunehmend selbst zerstört"14, oder genauer: was in Die Zeit (4. März 2011) nicht unzutreffend als "die wohlbestallten Spitzenvertreter der Forschung" ausgemacht wurde, erweist sich mit Blick auf die Erfordernis von offener, produktiver und kreativer Wissenschaft in einer entwicklungsfähigen und offenen Bürgergesellschaft zunehmend als so konterproduktiv wie überflüssig, genauer: in den letzten beiden Jahrzehnten bildeten sich in diesem Ganzdeutschland auch im wissenschaftlichen Bereich Darstellungen und Darsteller (beiderlei Geschlechts) als sozio-politische Gruppen heraus. Deren lumpenelitische Angehörige wissen um ihre einzige Fähigkeit als Darsteller und haben inzwischen auch die Tastatur des Mephistopheles-Effekts und seiner doppelt paradoxen Handlungswirksamkeit zu bedienen gelernt:

"Alles, was entsteht, ist wert, daß es zugrundegeht; / Drum besser wär's, daß nichts entstünde. / So ist denn alles, was ihr Sünde, / Zerstörung, kurz, das Böse nennt, / Mein eigentliches Element."15

C. Wright Mills kritisch-soziologische Sicht auf den spätkapitalistischen "Kulturapparat" mit dessen beständig-erweiterter Polarisierung in Stars und Tagelöhner ("commercial hacks") könnte, wer einen aktuellen Bericht über eine Leibniz Lecture NYC bedenkt16, auch als Illustration einer Leithypothese zur ganzdeutsch-staatsfinanzierten "big science" durch die DFG nehmen - unterliegt dieser doch wie dem Weberschen Einkommensdogma die "rat race"- oder Konkurrenzideologie mit der Unterstellung, Wettbewerb sei "eine der Triebfedern der Wissenschaft" als Ausdruck des Gesetzes des Dschungels. Dem freilich steht das namentlich in wissenschaftlichen Zusammenhängen geltende Kooperationsgebot der zivilisatorischen Zusammenarbeit - und auch als Leitfaden aller Soziologie als Gesellschaftskritik - diametral entgegen:

"Konkurrenz ist das Gesetz des Dschungels, und Kooperation ist das Gesetz der Zivilisation."17

Erfinderische Zwerge?

Es bedarf keinerlei prophetischer Gabe, um erstens vorauszusagen, dass Patrik Bahners sarkastisches Diktum: "Vom sachlichen Gehalt des Gesagten lebt in der wissenschaftlichen Republik nur der Privatgelehrte" nächstens von der Praxis ganzdeutscher und mit öffentlichen Mitteln geförderter Forschung einge- und überholt werden wird; dass zweitens dieser Bereich bald(er als bald) eine Festung grandioser Submediokrität in der "Wissenschaft" werden wird; dass drittens wissenschaftliche Forschung, die diesen Namen verdient und die kreative Außenseiter wie produktive Begabungen nicht nur nicht ausschließt, sondern bewusst einbezieht, noch weitergehender als bisher schon in "private" Einrichtungen verlagert wird; und dass viertens speziell in allen niedrigapparativ-"unterkapitalisierten" Wissenschafts- und Forschungsbereichen, insbesondere in geistes-, sprach- und sozialwissenschaftlichen Feldern, die Bedeutung aller in Form von "gratis" erbrachter "Privatarbeit" (Karl Marx) als Forschungsleistungen zunehmen wird - weshalb die oberflächlich-neudeutsch "Vernetzung" genannte Selbstorganisation dieser Forscher beiderlei Geschlechts zunehmend und auch als subjektive Produktivkraftentwicklung wichtiger wird.

Aber wie auch immer: Ohne moralische Verantwortung und ohne ethisch begründete Forschungspraxis gehören Wissenschaftler - so schon Bertolt Brecht 1938/1955 im Leben des Galilei - zum "Geschlecht erfinderischer Zwerge, die für alles gemietet werden können."18

Anmerkungen

1) Vom Autor bearbeiteter Erstdruck des Textes, der im von Prof. Dr. iur. Rainer Maria Kiesow (Paris; Frankfurt/Main) edierten e-Blog publiziert wurde: www.mops-block.de/rmk-tagebuch/157-dfg.html; dort auch die hier weggelassenen Anmerkungen.

2) Walter E. Richartz 1980: Reiters Westliche Wissenschaft. Roman. Zürich.

3) forschung. Das Magazin der Deutschen Forschungsgemeinschaft, 4/2010: 36 [Impressum]: www.dfg.de/dfg_profil/aufgaben/index.html; www.dfg.de/download/pdf/dfg_magazin/wissenschaft_oeffentlichkeit/forschung_magazin/forschung_ 2010_04.pdf.

4) forschung, 2/2007: 26; zum open-acces-Publizieren www.dfg.de/download/formulare/12_20/12_20.pdf; kritisch dazu: www.duckhome.de/tb/archives/8561-ANSPRUCHSVOLLE-WISSENSCHAFTLICHE-FACHLITERATUR.html.

5) de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Forschungsgemeinschaft mit Verweisen auf die Diss. iur. von Stefanie Salaw-Hanslmaier: Die Rechtsnatur der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Auswirkungen auf den Rechtsschutz des Antragstellers. Hamburg: Dr. Kovac, 2003 [= Studien zur Rechtswissenschaft 129] und das von Dr. Daniel Lübbert erarbeitete Gutachten WD 8 179/06 der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags www.bundestag.de/dokumente/analysen/2006/Die_Deutsche_Forschungs gemeinschaft__DFG.pdf.

6) Carl Djerassi [1989]: Cantors Dilemma. A Novel. Harmondsworth ²1991: 229; deutsch etwa: "Wissenschaft bedeutet sowohl selbstloses Streben nach Wahrheit als auch eine Gemeinschaft mit ihren eigenen Sitten und Gebräuchen, Vorstellungen und Gesetzen." Mein allgemeines Wissenschaftsverständnis folgt Werner Hofmann: "Wissenschaft und Ideologie"; in: Ders.: Universität, Ideologie, Gesellschaft. Beiträge zur Wissenschaftssoziologie. Frankfurt/Main ²1968: 49-66, mein spezielles Sozialwissenschaftsverständnis Theodor Geiger: "Über Soziometrik und ihre Grenzen"; in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 1 [1948/49]: 292-302; der 1979 veröffentlichte Text über (sozial)wissenschaftliche Forschung(sethik) erscheint heute (fast schon beängstigend) aktuell: Richard Albrecht: "Empirische Sozialforschung, Methodenprobleme und Forschungsethik", in: BdWi-Forum, 37.1979: 34-39.

7) www.dfg.de/dfg_profil/reden_stellungnahmen/2011/110225_stellungnahme_plagiate_fehlverhalten/index.html.

8) Siegfried Kracauer: Das Ornament der Masse [1927]; hier zitiert nach ders. 1977: Das Ornament der Masse. Essays. Nachwort Karsten Witte. Frankfurt/Main: 502.

9) www.dfg.de/download/programme/forschungsstipendien/antragstellung/1_04/1_04.pdf.

10) Frank Parkin: "Strategien sozialer Schliessung und Klassenbildung", in: Reinhard Kreckel (Hg.) 1983: Soziale Ungleichheiten. Soziale Welt, Sonderband 2. Göttingen: 121-136, hier: 123.

11) hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/chancen/type=stipendien&id=6577.

12) hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/chancen/id=6931&type=stipendien.

13) www.dfg.de/download/programme/forschungsstipendien/antragstellung/1_04/1_04.pdf.

14) Richard Albrecht (1991): "Von den Selbstheilungskräften zu den Selbstabschaffungstendenzen des Marktes. Zur Kritik des real-existierenden Kapitalismus", in: Gewerkschaftliche Monatshefte, 42/8: 508-515; erweiterte Netzfassung: www.trend. infopartisan.net/trd0112/KAPITALISMUS KRITIK.pdf.

15) Goethe: Faust I: 1334-1344.

16) "Der Star, den alle im German House in New York hören wollten, war Günter M. Ziegler, Professor für Mathematik an der FU Berlin, Leibniz-Preisträger 2001 und Communicator-Preisträger 2008. Das New Yorker DFG-Büro hatte den 48-jährigen Mathematiker eingeladen, den Auftakt der ›Leibniz Lecture Series 2012‹ zu übernehmen", forschung 2/2012: 35: www.dfg.de/download/pdf/dfg_magazin/wissenschaft_oeffentlichkeit/forschung_magazin/forschung_2012_ 02.pdf.

17) Eldridge Cleaver 1968: SOUL ON ICE (A Ramparts Book; New York: McGraw-Hill); deutsch(sprachig)e Ausgabe SEELE AUF EIS (München: 4. Auflage 1971: hier 96-97).

18) Bertolt Brecht: Gesammelte Werke 3; Stücke 3. Frankfurt/Main ²1968: 1341 [14. Bild].


Richard Albrecht ist unabhängiger Sozialwissenschaftler und lebt seit seiner Beurlaubung als Privatdozent (1989) als freier Autor und Editor in Bad Münstereifel. Bio-Bibliographie: wissenschaftsakademie.net.

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