BdWi - Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler

»Wissenschaft ist also ein prinzipielles Gegen-den-Strom-Schwimmen.«

Klaus Holzkamp

Newsletter abonnierenKontaktSuchenSitemapImpressumDatenschutz
BdWi
BdWi-Verlag
Forum Wissenschaft

Ein hochaktuelles Relikt

10.06.2021: Der "Radikalenerlass" von 1972

  
 

Forum Wissenschaft 2/2021; Foto: J. Hagelüken, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Die Berufsverbotepraxis in Folge des "Radikalenerlasses" hatte vielfältige Folgen für die Betroffenen, aber auch für die Demokratie. Die Berufsverbote der 1970er und 80er Jahre sind aber mehr als eine historische Periode der Bundesrepublik. Dominik Feldmann zeigt in seinem Beitrag, dass sie auch im Jahr 2021 auf grundsätzliche demokratietheoretische Fragen hinweisen, die keineswegs antiquiert, sondern auch gegenwärtig von hoher Bedeutung sind.

Am 28. Januar 2022 jährt sich ein Beschluss der Ministerpräsident*innenkonferenz (MPK) unter Vorsitz des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt, der als "Radikalenerlass" in die Geschichte der Bundesrepublik einging.1 Wie die politische Öffentlichkeit in Deutschland spätestens in der Corona-Pandemie gelernt und zu spüren bekommen hat, ist die MPK nicht dazu befugt, Verordnungen zu erlassen. Man einigte sich auch 1972 lediglich darauf, geltende Rechtsbestimmungen zum Zugang in den öffentlichen Dienst im Bund und in den Ländern verstärkt zur Anwendung kommen zu lassen - insofern ist der Name "Radikalenerlass" irreführend.

Gleichwohl änderte sich ausgehend von ihm, in einigen Ländern auch schon zuvor, die Einstellungspolitik in Schulen, Hochschulen, Universitäten, Post, Bahn und anderen Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes maßgeblich. In der Folge wurden mit Hilfe des Verfassungsschutzes etwa 3,5 Millionen Menschen hinsichtlich ihrer "Verfassungstreue" überprüft - die sogenannte "Regelanfrage" -, ca. 11.000 Berufsverbotsverfahren wurden eingeleitet und 1.500 Berufsverbote vollstreckt.2 Auch aufgrund dieser großen Zahl an direkt oder indirekt Betroffenen, aber ebenso durch Protest- und Solidaritätsaktionen aus dem In- und Ausland war die Berufsverbotspraxis von Beginn an ein Politikum. Umstritten war bereits der Begriff "Berufsverbot". In der Tat wurde "die Ausübung des Berufs nicht untersagt"3 - wie auch die Historikerin Alexandra Jaeger feststellt. Doch wo sollen bspw. ausgebildete Lehrer*innen arbeiten, wenn nicht an einer Schule? Das Wort "Berufsverbot" mag also juristisch fragwürdig sein, bildet jedoch die Realität vieler Betroffener ab.

Die Berufsverbotepraxis wurde in jedem Bundesland unterschiedlich durchgeführt. Auch die schrittweise Überwindung dieser Einstellungspraxis war äußerst heterogen. Als letztes Land schaffte Bayern die Regelanfrage im Jahr 1991 ab. Dort wird allerdings seitdem bis heute ein Fragebogen eingesetzt, der eine ähnliche Funktion erfüllt: Bewerber*innen müssen angeben, ob sie Mitglied mutmaßlich "extremistischer" Gruppierungen seien; die Überprüfung durch den Verfassungsschutz erfolgt bei Positivbefund ebenso weiterhin.4

An dieser Stelle möchte dieser Artikel ansetzen. So sehr der zeithistorische Kontext des "Radikalenerlasses" beachtet und auch weiter erforscht werden muss - Kalter Krieg, die neu gegründete DKP, viele 68er auf dem Weg in den öffentlichen Dienst, länderspezifische Konstellationen etc. -, steht der "Radikalenerlass" - so meine These - auch für Kontinuitäten der Bundesrepublik, die seit einigen Jahren wieder neue Konjunktur erfahren. Er steht für eine versicherheitlichte Demokratie, die sich gegen mutmaßliche "Verfassungsfeinde", Anhänger*innen "totalitärer" Regime oder "Extremist*innen" richtet, dabei jedoch permanent Gefahr läuft, nicht Demokratie zu schützen, sondern sie einzuschränken.

"Antiextremistische" Kontinuität

Der Begriff "extremistisch" taucht im Verfassungsschutzbericht des Bundes im Jahr 1973 das erste Mal auf. Die mit dem behördlichen Begriff bis heute eng verbundene Extremismusforschung bildete sich gar erst Ende der 80er Jahre aus. Das Extremismuskonzept steht dennoch für eine Logik, die sich im Kern bereits vor dem "Radikalenerlass" durchsetzte: Die Demokratie werde durch Feinde von links und rechts (inzwischen auch durch weitere Formen des "Extremismus") gefährdet.5

Zwar ist für die Zeit unmittelbar nach der Befreiung im Jahr 1945 in Deutschland zunächst eine antifaschistische Stimmungslage, sogar auch in Teilen des konservativen Spektrums, auszumachen. Doch dies änderte sich mit neuen außen- und innenpolitischen Feindbildkonstellationen spätestens ab 1947. Aus einem weit verbreiteten, auf die personellen wie institutionellen Überreste des NS-Regimes gerichteten Antifaschismus wurde ein Antitotalitarismus mit deutlichem antikommunistischen Akzent. Als Hauptgegner wurde nun der linke "Totalitarismus" der Sowjetunion verstanden, der rechte "Totalitarismus", das NS-Regime, als abgeschlossenes Kapitel betrachtet. Damit einher ging die Renazifizierung, also die Wiedereinstellung zahlreicher NS-Funktionseliten in der Bundesrepublik, die Justiz, Politik, Wissenschaft und den gesamten öffentlichen Raum prägten.6 Adenauererlass, KPD-Verbot, Kommunist*innenverfolgung sind Kennzeichen dieser Periode.

Dieser antikommunistische "Antitotalitarismus" wurde in den siebziger Jahren durch den "Antiextremismus" abgelöst, der bis heute als innenpolitischer Kompass weitgehend akzeptiert scheint.7 Trotz politischer wie konzeptioneller Differenzen zwischen "Antitotalitarismus" und "Antiextremismus"8 sind deren große Gemeinsamkeiten hervorzuheben: einerseits die Überzeugung, die Demokratie werde ausschließlich von den Rändern des politischen Spektrums, nicht durch die politische Mitte oder staatliche Apparate bedroht, andererseits das besondere Augenmerk auf linke "Totalitarist*innen" bzw. "Extremist*innen".

Dieser Linksakzent des bundesdeutschen Staats- und Demokratieschutzes wird anhand des "Radikalenerlasses" eindrucksvoll deutlich: Fast ausschließlich Linke, insbesondere aus dem Umfeld der 1968 gegründeten DKP, waren betroffen,9 obwohl bspw. die gerade erstarkte NPD Anlass genug hätten bieten können, auch rechte "Extremist*innen" aus dem öffentlichen Dienst fernzuhalten, eine tatsächliche Äquidistanz gegenüber allen "Extremismen" zu wahren und damit das "antiextremistische" Narrativ zu pflegen. Der "Antiextremismus" der siebziger Jahre war jedoch, hier exemplifiziert anhand der Berufsverbotepolitik, ein "Antilinksextremismus". Dies gilt, wie oben beschrieben, auch für die Zeit nach Gründung der Bundesrepublik - wenngleich mit anderer Bezeichnung für die Feindbestimmung.10

Schutz der Demokratie?

Die Auswirkungen der Berufsverbotepolitik ist auf mehreren Ebenen zu begreifen: Zunächst sind biographische, berufliche, materielle und auch gesundheitliche Schäden bei den Betroffenen hervorzuheben. Grundlegende Rechte wie das auf freie Meinungsäußerung, die Berufsfreiheit, der Zugang zum öffentlichen Dienst, das Parteienprivileg und weitere Rechte wurden zugunsten der Treuepflicht für Beamt*innen und andere im öffentlichen Dienst Beschäftigte aufgeweicht.11

Darüber hinaus zeigte der "Radikalenerlass" auch Folgen für die politische Arena insgesamt. Immer wieder berichten Zeitzeug*innen von einem Klima der Einschüchterung, des "Duckmäusertums". Eine Studie der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie aus dem Jahr 1976 unterstützt die subjektiven Eindrücke der damaligen Zeit. Diese kommt zu der Schlussfolgerung, dass "[d]er ›Radikalen‹-Erlaß […] als Teil eines diffusen Bündels von bedrohlichen Umständen, Studien-, Arbeits- und Lebensbedingungen aufgefaßt [wird]. […] Z.T. werden deshalb Konsequenzen der inneren Zensur schon vor der Abklärung der tatsächlichen Gefahr für die eigene Person gezogen."12 Inwieweit sich dieses politische Klima bspw. auch auf die Organisierung stark betroffener Gruppierungen, bspw. der DKP, ausgewirkt hat, lässt sich nur vermuten.

Insbesondere das Bildungswesen war von der Berufsverbotepraxis betroffen. Zahlreiche linke Lehrer*innen und Wissenschaftler*innen wurden nicht eingestellt. Dies hatte nicht nur persönliche Folgen, sondern wirkte sich auch auf die Bildungseinrichtungen aus. Die Betroffenen konnten ihre Forschungs- und Lehrkonzepte gar nicht oder nur in prekären Beschäftigungsverhältnissen umsetzen. Beispiele dafür sind Jürgen Harrer und Horst Holzer. Harrer wurde an der Universität Marburg nicht als Hochschullehrer auf Zeit eingestellt. Auch in Bremen wurde ihm die Einstellung trotz eines Rufes verwehrt. Der damalige Kultusminister Hessens, Hans Krollmann (SPD), behauptete gar, seine Studien brächten "kaum Erkenntnisfortschritte für die Wissenschaft".13 Diese Einlassung des Ministers zeigt, dass die Berufsverbotepraxis gerade geeignet erschien, unerwünschte wissenschaftliche Positionen aus Forschung und Lehre zu vertreiben. Auch der Kommunikationswissenschaftler Holzer erhielt mehrere Rufe zum Professor. Allesamt wurden diese aufgrund politischer Gründe abgelehnt. Wolfgang Langenbucher würdigt in einem Nachruf Holzers Beiträge für die Wissenschaft und macht gleichzeitig stellvertretend für viele Betroffene des Bildungswesens deutlich: "Angesichts der in zahlreichen Veröffentlichungen nachlesbaren wissenschaftlichen Bedeutung seines [Holzers] Wirkens sprechen die Fakten für sich, und sie sagen nichts Gutes über die Wissenschaftsfreiheit im damaligen Deutschland aus."14

Doch auch die Lehrpraxis der bereits im öffentlichen Dienst Arbeitenden wurde durch den "Radikalenerlass" beeinträchtigt. Dies belegen mehrere Studien. Exemplarisch sei die Formulierung eines Politiklehrers in einer Interviewforschung erwähnt, in der er auf die Zeit der Berufsverbote zurückblickt und hinsichtlich der unbehelligten Arbeit eines linken Kollegen reflektiert: "Mensch, das traust du dich da zu machen?"15

Dieser kurze Einblick in die vielfältigen, auch teils widersprüchlichen Folgen des "Radikalenerlasses" - er führte schließlich nicht nur zu Einschüchterung, sondern war u.a. auch Mobilisierungsgrundlage für Protestaktionen - zeigt, dass der freie Streit in der Politik wie in der Wissenschaft (und auch in Schulen) durch den "Radikalenerlass" beschnitten wurde. Die mit dem "Antiextremismus" verbundene Vorstellung einer wehrhaften Demokratie, die auf Grundlage eines nicht veränderlichen Kerns der politischen Ordnung - in der Bundesrepublik hat sich dafür die freiheitliche demokratische Grundordnung (fdGO) herauskristallisiert16 - potentielle Gefährder*innen dieser Ordnung präventiv in ihrer Beteiligung an Auseinandersetzungen beschneidet, wurde hier wirksam. Schließlich begingen die Betroffenen keine Straftaten, auch dienstliche Verfehlungen waren i.d.R. nicht die Grundlage ihrer Berufsverbote. Ihnen wurde mangelnde Treue zum Staat und die Absicht unterstellt, in der Zukunft die fdGO gefährden oder gar überwinden zu wollen.

In diesem Artikel soll nicht weiter diskutiert werden, ob es vielleicht Situationen gibt, die eine Beschränkung des demokratischen Streits erforderlich machen, um Demokratie nachhaltig zu schützen. Pragmatisch argumentiert Helmut Ridder, dass letztlich keine Verfassung einen "demokratischen Verfassungsgeber der Zukunft"17 verhindern könne. Darüber hinaus muss aber auch grundsätzlich gefragt werden: Ist es überhaupt demokratisch, die Positivierung von Recht für die Zukunft zu begrenzen? Hilft dies der Demokratie? Der "Radikalenerlass" zeigt, dass "Antiextremismus" und Wehrhaftigkeit hier keinen Beitrag zur Verteidigung der Demokratie leisteten. Stattdessen muss die Berufsverbotepolitik als ein Akt von Entdemokratisierung verstanden werden.

Hochaktuelle Überreste der Berufsverbotepolitik

Da der "Antiextremismus", wie dargelegt, eine Kontinuität bundesdeutscher Sicherheitspolitik darstellt, ist die ideologische Grundlage des "Radikalenerlasses" bis heute wirksam. Auch die beamtenrechtlichen Bestimmungen der Berufsverbotepolitik wurden nicht überwunden. Die mit dem MPK-Beschluss in Verbindung stehenden Verwaltungsanordnungen in den Ländern wurden lediglich im Saarland sowie in Bremen und Niedersachsen aufgehoben, ansonsten nur modifiziert.18 Auch wenn (drohende) Berufsverbote im 21. Jahrhundert eher eine Rarität bilden, gab es sie: Michael Csaszkóczy, Kerem Schamberger oder Benedikt Glasl wären hier zu nennen.19 Darüber hinaus scheinen behördliche Praxen wie Regelanfragen oder Fragebögen in den letzten Jahren eine neue Vitalisierung zu erleben: Der in Bayern 1991 eingeführte Fragebogen existiert weiterhin, für Richter*innen wurde in Bayern 2016 außerdem die Regelanfrage wieder eingeführt. Baden-Württemberg übernahm im Jahr 2013 für den Polizeidienst den Fragebogen nach bayerischem Vorbild.20 Ebenso werden Neuauflagen der Berufsverbotepraxis und Extremismus-Checks für den öffentlichen Dienst diskutiert. Hier wurde also lediglich eine modernere Vokabel für das historisch belastete Wort "Regelanfrage" gefunden.

Die "antiextremistische" Logik zeigt sich auch auf anderen Gebieten, bspw. der politischen Bildung. Hier diskutiert man derzeit ein "Wehrhafte-Demokratie-Gesetz" für die Extremismusprävention. Die Motivationen hinter diesen Bemühungen sind sicherlich differenziert zu betrachten. Dies zeigen bereits die Auseinandersetzungen in der schwarz-roten Bundesregierung.21 Während einige Akteur*innen den Kampf gegen mutmaßliche "Linksextremist*innen" wieder mehr in den Fokus rücken möchten, sind andere dazu motiviert, eine wehrhafte Demokratie verstärkt gegen "Rechtsextremismus" sowie rechte Strukturen in staatlichen Apparaten und der gesamten Gesellschaft in Stellung zu bringen.

Mithilfe der Erfahrungen des "Radikalenerlasses" lassen sich gegen solche Bestrebungen zwei Einwände formulieren: Erstens ist die Beschneidung von Demokratie zur, wenn auch beabsichtigten, Stärkung der Demokratie ein gefährliches Spiel oder sogar ein Trugschluss. Die Berufsverbotepolitik zeigt, wie sich demokratische Rechte gegen Machtinteressen unter Bezugnahme der wehrhaften Demokratie willkürlich ausspielen lassen - zu Ungunsten des demokratischen Streits. Zweitens ist eben der "Antiextremismus" als innenpolitischer Kompass der Bundesrepublik ungebrochen. Die Geschichte des "Antiextremismus" ist sicherlich nicht durchgehend als ausschließlicher "Antilinksextremismus" zu skizzieren. Aber die Geschichte zeigt auch, dass dies in der Bundesrepublik immer wieder der Fall war. Wer heute also mehr "Antiextremismus" zum Schutze der Demokratie gegen rechts fordert, provoziert einen Bumerang-Effekt und akzeptiert die Gefahr von Repression gegen links. Spätestens dann ist nicht mehr Demokratie gewonnen, sondern verloren.

Anmerkungen

1) Dieses "Jubiläum" nehmen ehemalige Betroffene zum Anlass, um auch im Jahr 2022 für Rehabilitierung, Entschädigung und Aufarbeitung zu streiten. Dazu wurde u.a. ein Aufruf ins Leben gerufen (URL: www.berufsverbote.de [letzter Zugriff: 03.05.21]).

2) Vgl. Horst Bethge / Hannes Holländer 1987: "Das bisherige Ausmaß der Berufsverbotepolitik und ihre neueren Tendenzen", in: Klaus Dammann / Erwin Siemantel (Hg.): Berufsverbote und Menschenrechte in der Bundesrepublik, Köln: 25.

3) Alexandra Jäger 2019: Auf der Suche nach "Verfassungsfeinden". Der Radikalenbeschluss in Hamburg 1971-1978, Göttingen: 10.

4) Vgl. Dominik Feldmann 2019a: "Von der Regelanfrage bis zum Fragebogen. Der Wandel der Bestimmungen zur Umsetzung des ›Radikalenerlasses‹ seit 1972", in: Heinz-Jung-Stiftung (Hg.): Wer ist denn hier der Verfassungsfeind! Radikalenerlass, Berufsverbote und was von ihnen geblieben ist, Köln: 189 f.

5) Dieser Artikel setzt insbesondere bei der politischen Herkunft und Wirkmächtigkeit des "Antiextremismus" an. Einige grundsätzliche Kritikansätze an Prämissen des Extremismuskonzepts werden bspw. in FAQs des Forums kritische politische Bildung diskutiert (URL: akg-online.org/arbeitskreise/fkpb-forum-kritische-politische-bildung/faq-e-konzept-und-gesinnungspruefung [letzter Zugriff: 03.05.21]).

6) Ehemalige NS-Eliten wie Theodor Maunz, Ernst Forsthoff und andere waren auch jene, die sich für eine "antitotalitäre", wehrhafte Demokratie stark machten.

7) Vgl. Maximilian Fuhrmann 2019: Antiextremismus und wehrhafte Demokratie. Kritik am politischen Selbstverständnis der Bundesrepublik Deutschland, Baden-Baden: 297.

8) Insbesondere richtete sich der "Antiextremismus" fortan nicht mehr, wie noch der "Antitotalitarismus", vornehmlich gegen Unterstützer*innen der Sowjetunion im Inland, sondern gegen all jene, die aufgrund verschiedener Motivationslagen mutmaßlich die fdGO bzw. den demokratischen Verfassungsstaat abschaffen wollen.

9) Vgl. Gerhard Braunthal 1992: Politische Loyalität und öffentlicher Dienst. Der "Radikalenerlass" von 1972 und die Folgen, Marburg: 65.

10) Das Wort "radikal" in der Bezeichnung "Radikalenerlass" verweist auf eine Phase terminologischer Vielfalt. Die mit dem "Radikalenerlass" verbundene Bedeutung von "Radikalismus" ist synonym zu "Extremismus" zu verstehen: in der Mitte die Demokrat*innen, an den Rändern die "Radikalen".

11) Auch wenn das Bundesverfassungsgericht 1975 die Berufsverbotepolitik grundsätzlich für rechtmäßig erklärte, entschieden zahlreiche Betroffene Rechtsstreite zu ihren Gunsten. Darüber hinaus gewann bspw. Dorothea Vogt eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Auch die Internationale Arbeitsorganisation stellte 1987 fest, dass die Berufsverbotepolitik eine unzulässige Diskriminierung sei (vgl. Braunthal 1992 [siehe Anm. 9]: 112).

12) Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie 1979: "Auswirkungen des "Radikalen-Erlasses" im Hochschulbereich - Ein Bericht über eine empirische Untersuchung", in: Neue Praxis. Zeitschrift für Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Sozialpolitik 9, Heft 2: 145.

13) Zit. nach Andreas Dress et al. (Hg.) 1977: Wir Verfassungsfeinde, Köln: 174.

14) Wolfgang Langenbucher 2000: "In Gedenken an Horst Holzer", in: Publizistik. Vierteljahreshefte für Kommunikationsforschung, Heft 4: 500.

15) Zit. nach Dominik Feldmann 2019b: "(Politik-)Lehrer*innen zwischen Emanzipation und Repression. Wie beeinflusst die Berufsverbotspraxis die (kritische) politische Bildung", in: Heinz-Jung-Stiftung (Hg.) (siehe Anm. 4): 213. Ähnliche Ergebnisse erzielte Jan-Henrik Friedrichs 2018: "›Was verstehen Sie unter Klassenkampf?‹ Wissensproduktion und Disziplinierung im Kontext des ›Radikalenerlasses‹", in: Sozial.Geschichte Online, Heft 24: 67-102.

16) Sarah Schulz 2019: Die freiheitliche demokratische Grundordnung. Ergebnisse und Folgen eines historisch-politischen Prozesses, Weilerswist.

17) Helmut Ridder 1979: Zur Ideologie der "streitbaren Demokratie", Berlin/West: 11.

18) Vgl. Dominik Feldmann 2019a (siehe Anm. 4): 191.

19) Vgl. Feldmann/Ölkrug 2019: "Zu diesem Buch", in: Heinz-Jung-Stiftung (Hg.) (siehe Anm. 4): 20.

20) Vgl. Dominik Feldmann 2019a, (siehe Anm. 4): 189 f.

21) Vgl. Groß 2021: "Warum die Unionsfraktion das ›Wehrhafte-Demokratie-Gesetz‹ blockiert", in: Süddeutsche Zeitung, URL: www.sueddeutsche.de/politik/demokratie-foerdergesetz-blockade-seehofer-1.5256848 [letzter Zugriff: 03.05.21].

Dominik Feldmann promoviert zum Thema "Demokratie trotz(t) ›Antiextremismus‹? Zur Bedeutung von Extremismustheorie, ›Antiextremismus‹ und extremismuspräventiver politischer Bildung für (Ent-)Demokratisierung" und ist Redakteur der Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung.

Zum Seitenanfang | Druckversion | Versenden | Textversion