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»Wissenschaft ist also ein prinzipielles Gegen-den-Strom-Schwimmen.«

Klaus Holzkamp

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Hochschulwatch

15.04.2013: Macht - Wirtschaft - Uni?

  
 

Forum Wissenschaft 1/2013; Foto: photocase.com – maspi

Die Beeinflussung der Hochschulen aus der Privatwirtschaft nimmt zu. Dabei bleibt vieles oft im Dunkeln, Verträge werden häufig geheim gehalten. Erik Marquardt stellt ein interessantes Projekt des freien zusammenschlusses der studentInnenschaften (fzs), der taz und von Transparency International Deutschland vor mit dem Ziel, diesen Graubereich zu erhellen. Auch BdWi-KollegInnen sind zur Mitarbeit eingeladen.

Immer wieder sorgten Hochschulen in den vergangenen Jahren durch fragwürdige Kooperationen für Aufmerksamkeit. Immer öfter, so scheint es, verkaufen die Hochschulen ihre Unabhängigkeit. Professuren für Arbeitnehmer_innenrechte werden von Arbeitgeber_innenverbänden bezahlt, die chinesische Regierung unterstützt ein Institut für Ostasienwissenschaften. Saatgutkonzerne kümmern sich um Ökologie und die Deutsche Bank um die Finanzmathematik an Hochschulen.

Doch leider können wir durch skandalträchtige Einzelbeispiele das Problem nicht an der Wurzel packen. Bereits vor über zwanzig Jahren begann die Politik durch verschiedene "Anreizsysteme", eine neue Steuerungsphilosophie einzuführen. Der Wettbewerb um zusätzliche Finanzmittel bei knapp gehaltener Grundfinanzierung sollte dazu führen, dass sich endlich mal alle anstrengen. Dadurch soll alles alternativlos, kostenneutral, sozial verträglich und transparent toll werden. Die Worthülsen helfen das Problem kurz vergessen zu dürfen, aber: Es wird so nicht besser - im Gegenteil. Für Budgetaufwüchse der Hochschulen sind in den letzten Jahrzehnten fast ausschließlich externe Drittmittel verantwortlich. Seit 1995 haben sich diese mehr als verdoppelt. Die Wettbewerbsideologie hat auch inhaltliche Konsequenzen: Geförderte Forschung muss angestrebte Ergebnisse liefern. Je schneller, desto besser. Doch was genau geforscht wird, wer es genau bezahlt und wie mit Forschung und ihren Ergebnissen umgegangen wird, ist nicht leicht herauszufinden.

Mangelnde Transparenz

Informationen zu Kooperationen und ihren Rahmenbedingungen sind allerdings selbst für die Gremienvertreter_innen an den Hochschulen oft nur schwer zu bekommen. Dass dann Informationen und so genannte "Geschäftsgeheimnisse" der wohlgemerkt öffentlich finanzierten Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen für die Öffentlichkeit einsehbar sind, scheint in weiter Ferne. Die tatsächliche Forschung tritt dabei oft in den Hintergrund und in Vorlesungen sieht man Prof. Kaufmann und -frau nur noch selten.

Der reflexartige Wettlauf von hungrigen Instituten um das größte Stück vom Kuchen verdrängt das Verantwortungsbewusstsein aus den Köpfen. Das zentrale Problem der mangelnden Grundfinanzierung aus der öffentlichen Hand tritt dabei in den Hintergrund. Dabei ist doch eine verlässliche Grundfinanzierung die einzige Möglichkeit für eine unabhängige Wissenschaft mit gesellschaftlicher Verantwortung. Die Hochschulen hungern sich jedoch selbst aus und werden zum Spielball ihrer Mäzene und derer Interessen.

Natürlich wird das niemand offen sagen. Im täglichen Wettstreit der "exzellenten", "international erfolgreichen" "Spitzenforschungseinrichtungen" kann keine Hochschule offen zugeben, dass ihr Geld fehlt, dass sie kaputt gespart wird, oder dass sie ihre gesellschaftliche Verantwortung verkaufen muss. Veränderungen können Hochschulmitglieder zum Beispiel durch die Schaffung von Transparenz aber trotzdem erreichen.

Deswegen haben wir am 24. Januar 2013 als studentischer Dachverband fzs gemeinsam mit der Tageszeitung (taz) und Transparency International Deutschland das Portal hochschulwatch.de erfolgreich gestartet. Bereits in der ersten Woche gab es zahlreiche Einträge, eine große Medienpräsenz und unglaublich viele Besuche auf der Seite. Ziel des Whistleblowing-Portals ist es, fragwürdige externe Einflussnahme auf Hochschulen aufzudecken und über sie zu informieren.

Das Portal lebt davon, mit Informationen gefüttert zu werden. Deswegen ist es nicht in erster Linie ein Projekt der drei Initiator_innen, sondern vielmehr eine Plattform, auf der sich alle Interessierten und Informierten engagieren können. Zudem lädt es dazu ein sich über die eigene oder andere Hochschulen zu informieren. Auf der Startseite von hochschulwatch.de ist bereits eine Karte, auf der alle Hochschulen eingetragen sind.

Oft besteht die Gefahr, durch die Aufdeckung von problematischen Entwicklungen selbst Schikanen ausgesetzt zu werden. Mitarbeiter_innen wird mit dem Arbeitsvertrag der Maulkorb verschrieben und bei kritischen Themen wird in den Gremien die Nichtöffentlichkeit beschlossen. Bei Verstoß gegen das Verheimlichungssystem drohen Strafen oder Jobverlust.

Hochschulwatch.de bietet deswegen auch die Möglichkeit, anonym Informationen einzustellen. Die genauen Informationen zum Datenschutz sind ebenfalls auf der Webseite einsehbar. Das Projekt ist auf ein Jahr angelegt. Ausgewertet werden die Daten dann aber nicht nur umfassend am Ende, sondern natürlich auch zwischendurch. Hochschulwatch soll die Probleme nicht nur darstellen, sondern natürlich auch zu Veränderungen beitragen. Deswegen würde es uns besonders freuen, wenn auch die Leser_innen dieses Artikels sich aktiv einbringen und bei potentiell interessierten Aktiven in den Hochschulgremien für das Portal werben. Zu finden ist das Portal im Internet unter der Adresse: www.hochschulwatch.de/wiki/Hauptseite.


Erik Marquardt ist im Vorstand des freien zusammenschlusses der studentInnenschaften (fzs).

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