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»Operation sichere Zukunft«

15.02.2004: Studierende in Hessen protestieren gegen Bildungs- und Sozialabbau

  
 

Forum Wissenschaft 1/2004; Titelbild: E. Schmidt

Der Hessische Landtag hat am 18. Dezember 2004 mit den Stimmen der CDU-Fraktion das so genannte Zukunftssicherungsgesetz (ZSG) verabschiedet. In der gleichen Parlamentssitzung billigte er mit dem Haushalt für das Jahr 2004 weitere Bestandteile der von Ministerpräsident Koch ausgerufenen "Operation Sichere Zukunft." Dagegen hatte sich eine breite Protestbewegung von Studierenden, Gewerkschaften und sozialen Einrichtungen gewehrt. Andreas Staets zieht eine Zwischenbilanz und zeigt Möglichkeiten für weiteren Widerstand auf.

Die Präsentation war modern, der Name des Projekts zukunftsgerichtet, als sich Roland Koch am 1. September 2003 in einer Pressekonferenz als harter Haushaltssanierer darstellte. Mit dem, was der hessische Ministerpräsident dort als "Operation sichere Zukunft" zu verkaufen versuchte, handelte er sich die größten Proteste ein, die Hessen seit Jahrzehnten gesehen hat. Die »Operation« sah vor, gut eine Milliarde A aus dem Landeshaushalt für 2004 herauszuschneiden. Besonders die gezielten Schnitte gegen ausgewählte soziale Einrichtungen (30,1 Mio.), gegen Studierende (39 Mio.) und die Beschäftigten des Landes (537 Mio.)1 stießen auf anhaltenden Widerstand.

Als Teil der »Operation sichere Zukunft« sollten die freiwilligen Leistungen des Landes um ein Drittel gekürzt werden, und zwar ausdrücklich mit einer politischen Prioritätensetzung. So wollte das Sozialministerium z.B. bei der Jugend- und Familienhilfe, den Erziehungsberatungsstellen und der Betreuung von Aussiedlerkindern überproportional kürzen. Vollständig streichen wollte es Zuschüsse etwa für die Schuldnerberatung, die Förderung des beruflichen Wiedereinstiegs von Frauen oder die "Betreuung von Obdachlosen, Nichtsesshaften und sonstigen Randgruppen."2 Mit den Zuschüssen des Landes fällt teilweise automatisch auch eine Förderung aus Bundes- oder europäischen Töpfen weg. Sozialverbände sehen sich gezwungen, MitarbeiterInnen zu entlassen, Angebote einzustellen und ganze Einrichtungen zu schließen. Sie sehen die soziale Infrastruktur und den sozialen Frieden in Hessen in Gefahr.3

Als weiteren Teil der »Operation sichere Zukunft« kündigte der Ministerpräsident an, die Arbeitszeit der Landesbeamten nach Alter gestaffelt auf bis zu 42 Stunden heraufzusetzen. Weil deswegen rechnerisch 4750 Stellen überflüssig würden und die Landesregierung ein zusätzliches "Abbaupotential von etwa 5700 Stellen in dieser Legislaturperiode" sieht, soll es im Jahr 2004 für über zweitausend ausscheidende StaatsdienerInnen keine NachfolgerInnen geben. Ganze Behördenstandorte sollen wegfallen. Die Mehrarbeit wird den hessischen BeamtInnen mit der Kürzung ihrer Bezüge »entlohnt«. So wurde das Weihnachtsgeld bereits für 2003 um mindestens die Hälfte gekürzt; das Urlaubsgeld soll ab 2004 je nach Vergütungsgruppe halbiert oder völlig gestrichen werden. Um Mehrarbeit und Zulagenkürzung auch auf die Angestellten und ArbeiterInnen im Öffentlichen Dienst auszudehnen, drohte Hessen mit dem Ausstieg aus der Tarifgemeinschaft der deutschen Länder, sollte diese die entsprechenden Tarifverträge nicht bis zum Jahresende kündigen.4 Der DGB Hessen errechnete, dass die »Operation Sichere Zukunft« insgesamt 13400 bis 15400 Arbeitsplätze in Hessen vernichten wird - bei einer Zahl von bereits jetzt 246000 Arbeitslosen im Land.5

Hochschulpakt gebrochen

In ihrem Regierungsprogramm hatte die Landesregierung versprochen: "Trotz extrem schwieriger Rahmenbedingungen werden wir unsere Zusagen gegenüber den Hochschulen einhalten."6 Diese Zusagen finden sich in der "Rahmenzielvereinbarung zur Sicherung der Leistungskraft der Hochschulen in den Jahren 2002-2005", die der Ministerpräsident, die damalige Wissenschaftsministerin und die zwölf Hochschulpräsidenten am 21. Januar 2002 feierlich unterzeichnet hatten. Diese - Hochschulpakt genannte - Vereinbarung sollte den Hochschulen Planungssicherheit geben. Das Budget der Hochschulen sollte eingefroren und Gehaltssteigerungen sollten nur zum Teil ausgeglichen werden. Dies entsprach einer Kürzung von 500 bis 600 Stellen im Wissenschafts- und Lehrbereich, rechnete die Konferenz Hessischer Universitätspräsidenten (KHU) damals vor. Im Gegenzug sollten die Hochschulen bis 2005 vor weiteren Kürzungen sicher sein. Dies bekräftigte Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) noch am 10. Juli 2003 im Landtag: "Der Hochschulpakt wird nicht angegriffen. Er ist abgeschlossen, er ist eine vertragliche Vereinbarung mit den Hochschulen. Ich hielte es auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten für eine Katastrophe, wenn die Umstrukturierung der Hochschulen (…) dadurch angegriffen würde."7

Mit Hilfe eines Einstellungsstopps kurz vor Semesterbeginn zwang das Ministerium die Hochschulleitungen am 9. September 2003 in einer Klausursitzung zu einer »Einigung«: "Danach wird eine Summe von 30 Millionen Euro für das Haushaltsjahr 2004 eingespart."8 Die Hochschulen bezahlten das Versprechen, dass sich die Landesregierung im Jahr 2005 wieder an den Hochschulpakt hält, also mit weiteren 600 Stellen. Die Operation »Sichere Zukunft« ist das Ende der Planungssicherheit für die Hochschulen - und dies nachhaltig, da die Ereignisse zeigen, dass sich die Landesregierung nicht einmal an vertragliche Vereinbarungen hält.

Für die durch die Kürzungen erneut verschlechterte Betreuung und Ausstattung sollen die Studierenden in Hessen ab dem Sommersemester 2004 erstmals Gebühren bezahlen. Das Studienguthabengesetz (StuGuG), Artikel 12 des sog. Zukunftssicherungsgesetzes (ZSG),9 sieht Semestergebühren in Höhe von 500 bis 900 A für Studierende vor, die die Regelstudienzeit um mindestens drei Semester überschreiten. Ein Zweitstudium soll 500 bis 1500 A kosten. Wenige Ausnahme- und Übergangsregelungen sieht das Gesetz selbst vor. Weitere per Verordnung zu erlassen, stellt es dem Minister frei. Eine Änderung des Hochschulgesetzes durch Artikel 13 des ZSG schreibt zudem vor, einen "Verwaltungskostenbeitrag" von 50 A je Semester von allen Studierenden zu erheben.

Das StuGuG und die Verwaltungsgebühren lassen sich - vor allem vor dem Hintergrund einer Verfassungsklage von sechs Bundesländern gegen das Verbot von grundständigen Studiengebühren im Hochschulrahmengesetz - als ein Schritt zu allgemeinen Studiengebühren sehen. Gegen die hessischen Regelungen spricht u.a., dass sie die Chancengleichheit im Bildungswesen weiter einschränken, vom Studium abschrecken und zudem suggerieren, die Studierenden seien an langen Studienzeiten schuld, statt die wirklichen Probleme an den Hochschulen zu bekämpfen. Zudem fördern sie ein einseitig instrumentelles und eingeengtes Verständnis von Bildung. So gab das Wissenschaftsministerium als ein Ziel der Gebühren an: "Kostenfreie Nutzung für Hochschul-Lehrangebote" solle es "nur für die berufsrelevante Ausbildung, nicht für private Weiterbildung" geben. Die hessischen Studiengebühren relativieren aber ebenfalls recht eindeutig die Heilserwartungen, mit denen etwa das von Bertelsmann getragene Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) v.a. Studierende für Studiengebühren gewinnen will. Studiengebühren würden helfen, so hört man immer wieder, die schlechten Studienbedingungen zu verbessern. In Hessen kassiert die Landesregierung bei Studierenden und kürzt gleichzeitig bei den Hochschulen - das Geld verschwindet im Landeshaushalt. Der Präsident der Technischen Universität Darmstadt, Johann-Dietrich Wörner, sieht das Gesetz nicht als bildungspolitisch motiviert, sondern als "eine Maßnahme der Haushaltskonsolidierung."10 Dementsprechend lehnt selbst Rudolf Steinberg, Präsident der Frankfurter Universität und einziger Verfechter von Studiengebühren unter seinen KollegInnen in Hessen, die Gebührenpläne ab.11

Proteste

Noch vor dem Beginn des Wintersemesters 2003/04 an den Universitäten begann der Protest gegen die Pläne der Landesregierung: Am 15. Oktober 2003 demonstrierten 10000 Menschen unter dem Motto "Stoppt den hessischen Kahlschlag. Hessen bleibt sozial" in Wiesbaden. Aufgerufen hatte ein am 19. September gegründetes landesweites Bündnis für soziale Gerechtigkeit, dem neben zahlreichen von Kürzungen bedrohten sozialen Einrichtungen die großen Sozialverbände und der DGB angehören. Auch die ASten, deren Pläne eines festeren Zusammenschlusses sich nun konkretisierten, stießen bald zum Bündnis hinzu. Zum Semesterstart an den Universitäten informierten spontan gegründete studentische Initiativen, die Fachschaften und die ASten die Studierenden ausführlich über die Pläne der Landesregierung. In der Woche vom 27. bis 31. Oktober 2003 debattierten in den größten Hörsälen vieler Hochschulen überfüllte Vollversammlungen über das weitere Vorgehen. Die versammelten Studierenden der Universitäten in Frankfurt, Gießen, Kassel und Marburg sowie der Fachhochschulen Darmstadt und Gießen-Friedberg billigten mit übergroßer Mehrheit die von der Landes-ASten-Konferenz vorgelegte "Resolution für ein gebührenfreies Studium."12 Überall gründeten sich Arbeitskreise, die sich in den folgenden Wochen mit der Auswirkung von Sozial- und Bildungsabbau auseinandersetzten, Alternativen aufzeigten, Kontakte zu anderen Betroffenen aufnahmen, Strategien für die politische und rechtliche Gegenwehr entwickelten und v.a. eine große Zahl kreativer und medienwirksamer Protestaktionen vorbereiteten. Ein erster Höhepunkt war der 4. November 2003, an dem die Landesregierung ihren Gesetzentwurf in das Parlament einbrachte. An fast allen Hochschulstandorten fanden größere Demonstrationen statt; die Vollversammlung der Frankfurter Universität, die wegen 4000 teilnehmender Studierender im Freien stattfinden musste, beschloss den Streik. Diesem schlossen sich in den nächsten Tagen und Wochen u.a. die Vollversammlungen der Universitäten Gießen, Marburg, Kassel und Darmstadt, der Fachhochschulen Darmstadt, Frankfurt und Wiesbaden und der Hochschule für Gestaltung Offenbach an. Die Senate der Universitäten Kassel und Marburg und der FH Gießen-Friedberg erklärten sich mit den streikenden Studierenden solidarisch oder verurteilten die Pläne der Landesregierung scharf. Auch Studierendenvertretungen aus der ganzen Republik solidarisierten sich mit den Streikenden in Hessen. Die unterschiedlichen Streik- und Aktionsformen lassen sich kaum aufzählen. Allein in Marburg zählte der zuständige Arbeitskreis über vierhundert kleinere und größere Aktionen in den ersten drei Streikwochen. Lehrveranstaltungen fanden auf öffentlichen Plätzen oder in ebensolchen Verkehrsmitteln statt, Studierende bettelten, demonstrierten, organisierten Lichter- und Menschenketten, kürzten Weihnachtsbäume, besetzten Kreuzungen oder CDU-Geschäftsstellen und eröffneten BürgerInnencafés. Die Bildung ging allerorten baden oder wurde gleich zu Grabe getragen. Psychologiestudierende boten aus gegebenem Anlass öffentlich Lach- oder Weintherapien an, angehende Künstlerinnen und Künstler trugen den Protest in Ausstellungshallen und an vielen Hochschulen organisierten Studierende einen alternativen Lehrbetrieb zum Teil mit Veranstaltungen rund um die Uhr.13 Dabei ging es auch immer wieder um die Einordnung der Gebührenpolitik und um die Vernetzung zu anderen Gruppen von Betroffenen.

Höhepunkt der Proteste war eine Demonstration am 18. November in Wiesbaden. Mehr als 45.000 Menschen forderten: "Stoppt den hessischen Kahlschlag." ForstarbeiterInnen, PolizistInnen, Beschäftigte der Regierungspräsidien und von sozialen Einrichtungen und Initiativen, Initiativen von Randgruppen und Schülerinnen und Schüler demonstrierten gemeinsam. Mehr als 5000 Lehrerinnen und Lehrer legten an diesem Tag aus Protest gegen höhere Pflichtstunden und Stellenstreichungen die Arbeit nieder. Die Demonstration war die größte in der Landeshauptstadt seit den Protesten gegen die Startbahn West. Es war auch die größte Demonstration von Studierenden in Hessen seit Jahrzehnten.

Die Landesregierung reagierte zunehmend dünnhäutig auf die anhaltenden Proteste. Roland Koch versuchte ihnen zwar rhetorisch beizukommen und erklärte allen Ernstes, die Breite der Proteste beweise die Ausgewogenheit seines Sparpaketes. Als jedoch ein Universitätspräsident seine Studierenden aufforderte, den Protest aus den Hochschulen in die Gesellschaft zu tragen, meinten Koch und sein Wissenschaftsminister Udo Corts diesem mit Mittelkürzung drohen zu müssen. Der sogar im Landtag solchermaßen angegriffene Kasseler Präsident erhielt Rückendeckung nicht nur von seinen Kollegen, sondern auch von den Oppositionsfraktionen und Gewerkschaften. Selbst konservative Medien waren irritiert.

Der studentische Protest ging weiter - nicht nur in Hessen. Am 13. Dezember 2003 demonstrierten über 50000 Studierende aus der gesamten Republik gleichzeitig in Frankfurt, Berlin und Leipzig gegen Bildungs- und Sozialabbau. Die Studierenden, die in der folgenden Woche die dreitägige Landtagssitzung in Wiesbaden mit Aktionen begleiteten, gerieten leider etwas in den medialen Schatten der frischeren Proteste in der mit einer höheren Journalistendichte gesegneten Bundeshauptstadt.

Zumindest Teilerfolge

Die studentischen Proteste in Hessen waren breit, kreativ, vielfältig, ausdauernd und öffentlichkeitswirksam. Dazu hat sicher beigetragen, dass es der Landes-ASten-Konferenz gelang, zentrale Aktivitäten abzusprechen und zu koordinieren. Die Notwendigkeit von Protesten war im Gegensatz zu früheren Streiks - etwa 1993 oder 1997 - unter den Studierenden kaum umstritten. Das gilt auch für das Bündnis mit sozial Schwachen, sozialen Einrichtungen und Gewerkschaften und die Stoßrichtung gegen Bildungs- und Sozialabbau. Es gelang, die Vereinzelung der Betroffenen zu überwinden und nicht nur die Prioritäten der CDU-Regierung in ihrer Sparpolitik, sondern auch ihre zentrale Behauptung, es sei quasi naturgegeben kein Geld da, vernehmbar in Frage zu stellen.

Die studentischen Proteste in Hessen waren, auch wenn die Verabschiedung der Gebührengesetze nicht verhindert werden konnten, nicht ohne Erfolge. Es gelang, die Landesregierung nicht nur zu rhetorischen Zugeständnissen zu zwingen. Hatte die hochschulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion die Studiengebühren zunächst noch mit den »Bummelstudenten« begründet, die der Allgemeinheit auf der Tasche lägen, sah sich Wissenschaftsminister Udo Corts bald genötigt, fortwährend zu wiederholen, er "habe das Wort Bummelstudent nie in den Mund genommen," es gebe viele Gründe für ein langes Studium und man müsse gemeinsam etwas gegen schlechte Studienbedingungen tun.14 Zudem hat das Ministerium unter dem Eindruck der einhelligen Kritik an den Gebühren-Plänen, wie sie z.B. in einer Landtagsanhörung zum Ausdruck kam, die geplante Ausführungsverordnung stark überarbeitet. Eine Vielzahl von Übergangs- und Ausnahmeregelungen soll jetzt vielen der derzeitigen Studierenden ermöglichen, ihr Studium ohne zusätzliche soziale Härten abzuschließen. Die Verordnung treibt allerdings den Verwaltungsaufwand weiter in die Höhe. Diesen wälzt das Land auf die Hochschulen ab. Die Hochschulen sollen pauschal 10% der Langzeit- und Zweitstudiengebühren bekommen und dafür das »Studienguthaben« ermitteln, Gebühren einziehen und im Zweifelsfall auch Klage- und Gerichtskosten übernehmen. Sollte die Regierung die Hochschulen mit wirtschaftlichen Sanktionen zwingen, ihren Ermessensspielraum im Zweifel gegen ihre Studierenden auszuschöpfen, sind Konflikte vorprogrammiert, die möglicherweise nicht nur die Hochschulverwaltungen lahm legen werden.

Perspektiven

Während die Streiks u.a. in Berlin weitergehen und in Leipzig beginnen, werden im Januar Vollversammlungen über das weitere Vorgehen in Hessen entscheiden. Wahrscheinlich werden die Studierenden den Protest mit anderen Mitteln fortführen. So haben Arbeitskreise bereits Sperrkonten vorbereitet, auf die die Verwaltungsgebühren überweisen werden sollen. Der AStA der Universität Frankfurt ruft zur Zahlung unter Vorbehalt auf. Die hessischen Asten kündigten an, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen und warnten: "Die hessische Landesregierung unter Koch soll merken, dass jeder bereits unternommene und weitere Schritt zu mehr Bildungsabbau weh tun wird."15

Wo dies noch nicht geschehen ist, wird es darauf ankommen, eine organisatorische und mediale Infrastruktur für das weitere Vorgehen aufzubauen, die möglichst viele Studierende informiert und einbindet. Eine schlagkräftige Landes-ASten-Konferenz wird nicht nur für das weitere Vorgehen gegen die gerade beschlossenen Studiengebühren, ihre mögliche Ausweitung und gegen weitere Kürzungen gebraucht. Wenn die Studierendenvertretungen in wichtigen Fragen mit einer Stimme sprechen und dafür sorgen, dass die Studierenden weiterhin hinter ihnen stehen, wird die Landesregierung sich mit der im Regierungsprogramm erwähnten Abschaffung der Verfassten Studierendenschaft sicher schwerer tun.

Auch das Bündnis mit Gewerkschaften und sozialen Einrichtungen hat sich bewährt. Es bleibt auch nach einer »Niederlage« richtig, sich nicht gegeneinander ausspielen zu lassen, sondern gemeinsam für eine andere Politik zu werben. Die zurückliegenden Monate haben gezeigt, dass die Zusammenarbeit besonders auf lokaler Ebene viele Potentiale birgt. Wenn auch der Polizist in seinem Freundeskreis die Positionen der Studierenden verständlich machen und die Studentin daheim Alternativen zu Kürzungen im sozialen Bereich und im Öffentlichen Dienst aufzeigen kann, sind Änderungen im gesellschaftlichen Klima greifbar. Hier bleibt noch viel zu tun, bis Alternativen zu Sozialabbau, Sparpolitik und Nachtwächterstaat in Gesellschaft und Politik wieder auf Wahlzetteln auftauchen und mehrheitsfähig werden.


Anmerkungen

1) Hessische Staatskanzlei: Operation Sichere Zukunft. Haushaltssanierung 2004 - Strukturen erneuern - Zukunftsperspektiven erhalten, vom 1. September 2003. Maßnahmenübersicht S. 27

2) "Ministerinnen und Minister erreichen Einsparziel der Operation ‚Sichere Zukunft‘ bei freiwilligen Leistungen und Subventionen - jeweils im Durchschnitt Reduzierungen um ein Drittel." Als pdf- Datei verbreitete Sammelmeldung der Streichpläne der Ministerien des Landes vom 16.9.03. Derzeit nur noch zu beziehen über www.fr-aktuell.de/_img/_cnt/_online/pm_sparpaket_sammelmeldung3.pdf .

3) Z.B. Pressemitteilung der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Soziale Brennpunkte Hessen e.V. vom 19. September 2003.

4) Hessische Staatskanzlei: Operation Sichere Zukunft. Haushaltssanierung 2004 - Strukturen erneuern - Zukunftsperspektiven erhalten, vom 1. September 2003.

5) Stefan Körzell / Kai Eicker-Wolf: Wie Roland Koch das Land mit brutalstmöglicher Konsequenz kaputtsaniert, FR vom 17.9.2003.

6) Verantwortung für heute - Visionen für morgen. Unser Versprechen für Hessen, Regierungsprogramm 2003-2008, beschlossen am 28. März 2003 von der CDU-Landtagsfraktion und dem CDU-Landesvorstand Hessen, S. 29 f.

7) Stenographischer Bericht, Hessischer Landtag, 16. Wahlperiode, 11. Sitzung, S. 618.

8) Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Pressemitteilung Nr. 122/2003 vom 10.09.2003.

9) Vgl. Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen, Teil 1, Nr. 21/2003, Wiesbaden 23. Dezember 2003.

10) Hessischer Landtag, 16. Wahlperiode, Kurzbericht (öffentlicher Teil) über die 4. Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst am 13.November 2003, S. 15.

11) Ebd. S. 13.

12) Der Text ist zu finden über www.lak-hessen.de

13) Im Internet sind viele der Aktionen dokumentiert. Siehe z.B.:www.uebergebuehr.de , protest.blogger.de oder www.education-project.de .

14) So zunächst im Interview mit der Frankfurter Rundschau "Es gibt auch andere hervorragende Lebenswege" vom 23.11.2003.

15) Pressemitteilung der Landes-ASten-Konferenz vom 9.1.2004.


Andreas Staets ist Historiker und arbeitet als Sekretär für Hochschule und Forschung bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Hessen

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