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Klaus Holzkamp

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Keine gute Theorie ohne Praxis

13.12.2018: Gedanken zum Verhältnis von akademischer und beruflicher Bildung

  
 

Forum Wissenschaft 4/2018; Foto: Yuganov Konstantin / shutterstock.com

Wer einen emanzipatorischen Bildungsbegriff entwickeln will, darf nicht nur auf die Hochschulen schauen, schon gar nicht nur auf die Universitäten. Die akademische Welt sollte lernen, auch Erkenntnisse aus der beruflichen Bildung ernst zu nehmen. Und die Welt der Berufsbildung sollte aufhören, die Akademisierung vor allem als Angriff zu betrachten, meint Sonja Staack.

Berufliche oder akademische Bildung - das sind in Deutschland bis heute zwei fast völlig getrennte Welten. So gilt seit jeher für jeden jungen Menschen: Entweder - oder. Diese wechselseitige Abschottung der Bildungsbereiche gegeneinander ist nicht nur ein internationaler Sonderweg, sie trägt auch dazu bei, dass die Durchlässigkeit des deutschen Bildungssystems besonders gering und das Ausmaß der sozialen Auslese besonders hoch ist. Von 100 Kindern aus Akademikerfamilien beginnen im Schnitt 79 ein Hochschulstudium. Bei Nichtakademikerfamilien schaffen gerade einmal 27 von 100 Kindern den Sprung an eine Hochschule.1 Genauso wie das zergliederte Schulsystem zementiert so auch die weiterführende Bildung die gegenseitige Abschottung gesellschaftlicher Milieus und verschärft damit die Undurchlässigkeit sozialer Schichten.

Bildung zwischen zwei Welten

Wer die Ziele von Bildung mit Leitbegriffen wie Emanzipation und Demokratie verbindet, wer vom Bildungssystem erwartet, dass es allen jungen Menschen möglichst gleiche Chancen eröffnet und zu einer Demokratisierung der gesamten Gesellschaft beiträgt, dem muss die gegenseitige Abschottung der Bildungsbereiche ein Dorn im Auge sein. Doch bis heute sind die Systeme der Berufs- und Hochschulbildung durch eine bemerkenswerte gegenseitige Sprachlosigkeit miteinander verbunden. Auf kaum einer Tagung kann man Akteure aus beiden Welten treffen, kaum eine bildungspolitische Debatte greift Argumente aus dem jeweils anderen Bereich auf. Unabhängig voneinander ringt jede der beiden Welten um ihren eigenen Bildungsbegriff.

Seit einigen Jahren wird das Verhältnis von Hochschulen und Berufsbildung zunehmend ins Wanken gebracht. Grund dafür sind nicht übergreifende Debatten oder gezielte Bildungsreformen, sondern die individuellen Bildungsentscheidungen der Schulabgängerinnen und -abgänger: Ein immer größerer Teil von ihnen strömt an die Hochschulen. 2017 begannen knapp über 500 Tausend Jugendliche eine Ausbildung im dualen System nach Berufsbildungsgesetz bzw. Handwerksordnung (490 Tausend Anfänger/innen) oder eine Berufsausbildung im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis (Beamtenausbildung mittlerer Dienst: 11 Tausend Anfänger/innen), 515 Tausend junge Menschen begannen dagegen ein Studium an einer Hochschule oder Berufsakademie.2

Das Bild vom dualen System der Berufsausbildung als breitem Stamm des deutschen Bildungssystems und der Hochschulen als Bildungsstätte nur für eine kleine Elite mag weiterhin als Leitbild konservativer Bildungspolitik herhalten, mit den realen Zahlen hat es kaum noch etwas zu tun. Das ist nicht nur eine enorme Herausforderung für das Hochschulsystem - mit dieser Entwicklung ist auch die Aufgabenteilung zwischen beruflicher und akademischer Bildung in Frage gestellt. Es ist daher nicht überraschend, dass sie erhebliche Gegenwehr provoziert. Am prominentesten mischte sich in diesem Sinne Julian Nida-Rümelin, Vorsitzender der SPD-Grundwertekommission und ehemaliger Kulturstaatsminister in die Debatte ein: "Wir sollten den Akademisierungswahn stoppen" forderte er bereits 2013.3

Universitäten verteidigen Exklusivität

An den Universitäten besteht seit jeher die Sorge, dass die Entwicklung zur Massenuniversität mit einem Qualitäts- und Ansehensverlust verbunden ist. Das hat auch damit zu tun, dass die Hochschulfinanzierung nie mit steigenden Studierendenzahlen Schritt hielt. Die Sorge ist aber auch eng verknüpft mit der elitären Tradition des Hochschulsystems. Über Jahrhunderte hinweg war die Gruppe der Studierenden ein ausgesprochen kleiner Kreis: Bis etwa 1800 gab es nach Einschätzung von Andrä Wolter, Leiter der Abteilung Hochschulforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin, in Deutschland (in den jeweiligen historischen Grenzen) nie mehr als 10.000 Studierende. Nichtsdestotrotz gab es bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine Debatte über die "Überfüllung der Universitäten", welche die Einführung des Abiturs zur Folge hatte - so sollte der Hochschulzugang reguliert werden.

Um 1900 gab es etwa 35.000 Studierende. 1931 wurde mit 130.000 Studierenden der Höchststand vor dem Zweiten Weltkrieg erreicht, das entsprach einer Studierendenquote von gerade einmal 2,7 Prozent.4 Seit 1950 setzte dann ein fast kontinuierliches Wachstum der Studierendenzahlen ein. Das Hochschulsystem reagierte mit einer Auslagerung der praxisorientierten Hochschulbildung an die Fachhochschulen, ähnliche Strategien sind auch in der Schweiz, den Niederlanden, Österreich und Schweden zu beobachten.<^>5<^*> Die Schaffung von Fachhochschulen kann dabei sowohl als Reaktion auf die steigenden Studierendenzahlen der 1960er Jahre verstanden werden als auch als Voraussetzung für die politisch gewollte Beschleunigung der Hochschulexpansion in den 1970er Jahren. Leichte Stagnationsphasen Mitte der 1980er, Mitte der 1990er und Mitte der 2000er Jahre wurden jeweils von einem nachholenden Wachstumsschub abgelöst. Im Wintersemester 2017/18 gibt es in Deutschland 2,8 Millionen Studierende. Allein in den letzten zehn Jahren ist ihre Zahl um fast 50 Prozent gestiegen.6

Längst können sich auch die Universitäten den Anforderungen einer Ausbildung für den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr verschließen, die Unterscheidung von Universitäten und Fachhochschulen beginnt zu verschwimmen. Ersatzweise hat das Hochschulsystem in den letzten 20 Jahren eine neue Differenzierungslinie entwickelt: Mit dem Bachelor wurde auch an den Universitäten ein Abschluss etabliert, der auf den außerhochschulischen Arbeitsmarkt orientiert und (ohne anschließendes Masterstudium) weder einen Einstieg in die Wissenschaft noch in die traditionellen akademischen Laufbahnen des öffentlichen Dienstes ermöglicht. Das deutsche Hochschulsystem nähert sich damit den Differenzierungsmechanismen der USA an, wo undergraduate und graduate schools traditionell klar voneinander getrennt sind; nur für letztere hat der Anspruch einer forschungsnahen Ausbildung volle Geltung.7 Während die Aufgabe praxisorientierter Ausbildung im Wesentlichen den Bachelor-Studiengängen zugewiesen wird, versuchen viele Masterstudiengänge weiterhin, sich von veränderten Anforderungen weitgehend frei zu halten. Eine Trennungslinie zwischen praxisorientierter und forschungsorientierter Ausbildung wurde so in das Hochschulsystem hinein verlagert.

Schreckgespinst Akademisierung

Pflegen die Hochschulen mit der Warnung vor der Massenuniversität nicht zuletzt ihren Standesdünkel, so pflegt die Welt der Berufsbildung weiterhin Vorbehalte gegenüber Akademikerinnen und Akademikern: Mit Hochschulbildung, so das Vorurteil, könne man im Grunde wenig Praktisches anfangen. Im Ergebnis versuchen bisweilen beide Seiten reflexhaft, den Trend zum Studium aufzuhalten. Für diesen gebe es eigentlich gar keine rationalen Gründe, so bestätigen sie sich gegenseitig, schließlich sei die Wirtschaft insbesondere auf beruflich qualifizierte Fachkräfte angewiesen. Schon in der großen Bildungsexpansionsphase der 1960er und 1970er Jahre finden sich zahlreiche Stellungnahmen der unternehmerischen Spitzenverbände und Kammern, die vor einer ›zu starken Expansion‹ von höherer und Hochschulbildung mit dem Argument warnen, dass damit die Basis eines qualifizierten Nachwuchses für die duale Ausbildung und somit das System selbst gefährdet werde und schnell ein ›akademisches Proletariat‹ entstehen könne.8

Bei näherem Hinsehen gibt es für den Trend zum Studium allerdings durchaus rationale Gründe. Nach wie vor ist ein Studium der beste Schutz gegen Erwerbslosigkeit: Die Arbeitslosenquote unter Akademiker/innen lag 2016 bei 2,3 Prozent. Für Personen mit einer beruflichen Ausbildung betrug sie 4,2 Prozent, insgesamt lag die Arbeitslosenquote bei 6,2 Prozent. Besonders häufig von Arbeitslosigkeit betroffen sind Personen ohne Berufsabschluss, in dieser Gruppe sind fast 20 Prozent, im Osten sogar fast 30 Prozent ohne Arbeit. Die Arbeitslosenquote unter Akademiker/innen hat seit der Wiedervereinigung bundesweit nie 4 Prozent erreicht, ihre vergleichsweise günstige Beschäftigungssituation ist über die Jahre stabil.9 Vor allem aber sind die Einkommen akademisch Qualifizierter im Durchschnitt 70 Prozent höher als die von beruflich Ausgebildeten. Bezogen auf das Lebenseinkommen bedeutet das: Hochschulabsolvent/innen verdienen mit durchschnittlich 2,3 Millionen Euro eine Million mehr.10 Diese strukturellen Unterschiede sind durch zunehmende Prekarisierungstendenzen auch in akademisch geprägten Berufsfeldern bisher nicht grundlegend verändert worden.

Das duale System selbst kann den Anspruch, den größten Teil eines Altersjahrgangs aufzunehmen und damit prägendes Segment des Bildungssystems zu sein, bereits seit vielen Jahren nicht erfüllen - hierfür ist allerdings weniger die Hochschulexpansion verantwortlich zu machen als vielmehr die Schwäche des dualen Systems selbst, welches mit einem ständig sinkenden Anteil von ausbildenden Betrieben kämpft. Das Bundesinstitut für Berufsbildung gibt für das vergangene Jahr an, dass je 100 Bewerber/innen um 95 Ausbildungsplätze konkurrierten11 - dabei sind Bewerber/innen, die sich gar nicht erst bei den Arbeitsagenturen melden oder ihre Suche irgendwann aufgeben, noch nicht mitgezählt. Allen Beschwerden der Arbeitgeber/innen über die schwindende Ausbildungsreife der Jugendlichen zum Trotz ist auch der Bildungsgrad derjenigen, die eine Berufsausbildung aufnehmen, nicht gesunken, sondern kontinuierlich gestiegen.12 Um Probleme des Berufsbildungssystems anzugehen, muss man also nicht mit dem Finger auf die Hochschulexpansion zeigen.

Hochschulen schließen?

Der Ruf danach, die Akademisierung zu stoppen, lässt sich auf den ersten Blick recht leicht durch eine Regulierung des Hochschulzugangs realisieren. Diesen Weg wählten etwa die realsozialistischen Länder bis 1990 (allerdings ohne nachhaltige Wirkung), in der BRD wurde die Akademisierung durch Beschränkungen des Hochschulzugangs zumindest immer wieder gebremst.13 Dieser Weg wirft allerdings Grundrechtsfragen auf, weil er das Recht jeder und jedes Einzelnen auf die freie Wahl von Ausbildung und Beruf in Frage stellt. Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit dieser Frage Anfang der 1970er Jahre auseinandergesetzt, nicht zufällig in einer Phase, in der die Studienanfängerquote ebenfalls sprunghaft anstieg. Die Hochschulen reagierten damals auf den Zustrom von Studierenden mit der Einführung des Numerus Clausus, das heißt mit einer Beschränkung der Zahl von Studienanfänger/innen in bestimmten Fächern, insbesondere in der Medizin.

In seinem ›Numerus-Clausus-Urteil‹ von 1972 stellt das Bundesverfassungsgericht klar, dass die grundgesetzlich verankerte freie Wahl von Beruf und Ausbildungsstätte (Art. 12 Abs. 1 GG) in Verbindung mit anderen Grundrechten und dem Sozialstaatsgebot allen, die die Zugangsvoraussetzungen für ein Studium erfüllen, das Recht auf Zulassung zum Hochschulstudium ihrer Wahl einräumt. Hierbei stünden die Teilhaberechte zwar "unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann." Gleichzeitig hätten sich aber die zuständigen Organe an den erkennbaren Tendenzen der Nachfrage zu orientieren, eine ausschließliche Ausrichtung des Studienplatzangebotes an Bedarfsermittlungen würde dagegen eine unzulässige Berufslenkung darstellen.14

Das Bundesverfassungsgericht hat damit für Beschränkungen des Hochschulzugangs hohe rechtliche Hürden aufgestellt. Trotzdem ist der Numerus Clausus ein fester Bestandteil des Hochschulsystems geworden, heute sind über 40 Prozent der Studiengänge zulassungsbeschränkt.15 Den Trend zum Studium hält das bisher nicht auf. Gerade die ›Exzellenzuniversitäten‹ werden weiter nach zusätzlichen Möglichkeiten rufen, sich auf die Spitzenforschung zu konzentrieren und sich einen wachsenden Ansturm von Studierenden vom Hals zu halten. Eine emanzipatorische Bildungspolitik dagegen kann hier nicht anknüpfen. Statt über Akademisierung und Massenuniversitäten zu schimpfen, sollte sie sich der Debatte um eine neue Aufgabenteilung von beruflicher und akademischer Bildung zuwenden.

Emanzipatorische Praxisorientierung

Hierzu gehört zunächst die Anerkennung, dass auch Hochschulen Aufgaben der Berufsqualifizierung übernehmen. Dieser Anspruch beschränkt sich nicht auf Bachelorstudiengänge oder Fachhochschulen und ist schon gar keine Randaufgabe des akademischen Systems. Und dieser Anspruch wird auch durch noch so brillante Forschungseinrichtungen nicht von alleine erfüllt, sondern bedarf konzeptioneller Anstrengungen und Debatten. Denn mit der Entwicklung eines akademischen Arbeitsweltbezuges tun sich insbesondere die Universitäten ausgesprochen schwer. Ihre entsprechenden Versuche nehmen bisweilen skurrile Züge an: Je spezialisierter ein Studiengang, desto praxisorientierter, so begegnet uns die Debatte seit der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen häufig. Aber ist man mit einem <B>›<W0>Master of Applied Polymer Science‹ für den Arbeitsmarkt tatsächlich besser gerüstet als mit einem herkömmlichen Diplom in Physik?

Die Hochschulen könnten hier eine Menge von der beruflichen Bildung lernen: Berufsorientierung darf nicht Engführung auf ein kleines Tätigkeitsgebiet oder gar einen einzelnen Betrieb bedeuten, sondern gerade in der überbetrieblichen Ausrichtung liegt die Stärke des dualen Ausbildungssystems. Dazu gehört auch die Einbeziehung überbetrieblicher Akteure in die Gestaltung von Ausbildungsordnungen. Außerdem trägt die Einbeziehung der Perspektiven nicht nur von Arbeitgebern, sondern auch von Arbeitnehmerorganisationen dazu bei, dass die Inhalte der Berufsausbildung nicht auf ihre kurzfristige Verwertbarkeit auf dem Arbeitsmarkt hin ausgerichtet werden, sondern auf eine nachhaltige Qualifizierung zielen, die Beschäftigten auch in einer sich rasch verändernden Arbeitswelt eine solide Grundlage und Orientierung geben kann.

Für keinen der genannten Aspekte gibt es im Hochschulsystem bisher funktionierende Routinen. Hochschulpolitische Akteure sollten sich trauen, über den Tellerrand zu schauen und auch Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem Berufsbildungssystem aufzugreifen. Die IG Metall hat für die Übertragung von Erkenntnissen aus der Berufsbildung auf die Hochschulwelt mit ihrem Konzept der ›erweiterten modernen Beruflichkeit‹ wichtige Ansatzpunkte geliefert und den Mut aufgebracht, eine bildungsbereichsübergreifende Debatte anzustoßen.16 Sie formuliert den Anspruch, gemeinsame Prinzipien für die Gestaltung der Lernprozesse in der betrieblich-dualen Berufsbildung und in der Hochschule zu formulieren und überträgt im Kern ihr in der Berufsausbildung entwickeltes Konzept einer modernen Beruflichkeit auf die Hochschulbildung als ›wissenschaftliche Berufsausbildung‹.

Was in dieser Perspektive bisher fehlt, sind die Besonderheiten des Hochschulsystems. Aus meiner Sicht sind hier vor allem drei Punkte zu nennen: Erstens das Fehlen eines konkreten Berufsbildes als Normalität hochschulischer Berufsqualifizierung, zweitens der unmittelbare Bezug der hochschulischen Bildung zur wissenschaftlichen Forschung und die Eigenschaft der Studierenden als Lernende und Forschende zugleich sowie drittens die Rolle der Studierenden als Mitglieder der Hochschule und damit als Subjekte der Fortentwicklung des Wissenschaftssystems, welches neben der Qualifizierung auch unmittelbar zur Aufgabe hat, Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu erarbeiten und Grundlagen für gesellschaftlichen Fortschritt zu entwickeln.

Aus einer übergreifenden Debatte über die Gemeinsamkeiten und Besonderheiten beruflicher und hochschulischer Bildung könnte ein weiterentwickelter Begriff von Praxisorientierung entstehen, von dem beide Seiten profitieren. Dafür allerdings muss die Sprachlosigkeit zwischen den beiden Bildungswelten überwunden werden. Wenn die Neuordnung des Verhältnisses von Hochschulen und Berufsbildung von beiden Seiten weniger als Angriff, sondern als Chance begriffen würde, könnte sie der beruflichen Bildung Impulse liefern, den Elfenbeinturm Hochschule aufbrechen helfen und der Durchlässigkeit zwischen beiden Systemen nutzen. Das wäre es allemal wert.

Anmerkungen

1) Nancy Kracke / Elke Middendorff / Daniel Buck 2018: Beteiligung an Hochschulbildung, Chancen(un)gleichheit in Deutschland, DZHW Brief 3/2018, Hannover: DZHW.

2) Statistisches Bundesamt 2018: Schnellmeldung Integrierte Ausbildungsberichterstattung. Anfänger im Ausbildungsgeschehen nach Sektoren/Konten und Ländern 2017, Wiesbaden.

3) Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 01.09.2013.

4) Andrä Wolter 2014: "Eigendynamik und Irreversibilität der Hochschulexpansion in Deutschland", in: Ulf Banscherus / Margret Bülow-Schramm / Klemens Himpele / Sonja Staack / Sarah Winter (Hg.): Übergänge im Spannungsfeld von Expansion und Exklusion - Eine Analyse der Schnittstellen im deutschen Hochschulsystem, Bielefeld: 19-38.

5) Reinhard Kreckel 2010: "Zwischen Spitzenforschung und Breitenausbildung. Strukturelle Differenzierungen an deutschen Hochschulen im internationalen Vergleich", in: Heinz-Hermann Krüger / Ursula Rabe-Kleberg / Rolf-Torsten Kramer / Jürgen Budde (Hg.): Bildungsungleichheit revisited, Wiesbaden: 235-258.

6) Studierendenstatistik des Statistischen Bundesamts.

7) Reinard Kreckel 2010, siehe Fn. 5.

8) Martin Baethge 2006: "Das deutsche Bildungsschisma: Welche Probleme ein vorindustrielles Bildungssystem in einer nachindustriellen Gesellschaft hat", Manuskript zur Ringvorlesung "Bildung: Humanistische Ideale und wissenschaftliche Erkenntnisse" am 11.07.2006 an der Georg-August-Universität Göttingen, zitiert nach: SOFI-Mitteilungen Nr. 34, Göttingen: 13-27.

9) Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung 2017: Aktuelle Daten und Indikatoren. Qualifikationsspezifische Arbeitslosenquoten, Nürnberg.

10) Jutta Allmendinger 2016: "Wie ein gutes Ausbildungssystem aussehen sollte", in: Merton, Online-Magazin des Stifterverbands, merton-magazin.de/wie-ein-gutes-ausbildungssystem-aussehen-sollte.

11) Joachim Gerd Ulrich / Stephanie Matthes / Simone Flemming / Ralf-Olaf Granath 2017: Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes im Jahr 2017, Fassung vom 13.12.2017, Bonn: BIBB.

12) Bundesministerium für Bildung und Forschung 2018: Berufsbildungsbericht 2018, Bonn.

13) Reinhard Kreckel 2010, siehe Fn. 5.

14) BVerfG 18.07.1972, 1 BvL 32/70, BVerGE 33, 303.

15) Anna Gehlke / Cort-Denis Hachmeister / Lars Hüning 2018: Der Numerus Clausus (NC) im Wintersemester 2018/19, Gütersloh: CHE.

16) IG Metall-Vorstand 2014: Erweiterte moderne Beruflichkeit. Ein gemeinsames Leitbild für die betrieblich-duale und die hochschulische Berufsbildung, Diskussionspapier, Frankfurt (Main).

Sonja Staack ist stellvertretende Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg und Mitglied im Beirat des BdWi.

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