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Klaus Holzkamp

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Gehorsame Köpfe

24.08.2014: Zivil-Militärisch-Industrieller Bildungs- und Forschungskomplex

  
 

Forum Wissenschaft 2/2014; Foto: Creatista/Photocase.de

In der Mitgliederversammlung des BdWi am 26. April 2014 gab es eine spannende Diskussion zum Referat von Alex Demirovic über das Thema "Autonomie der Hochschulen". Im Rahmen der Diskussion äußerte sich auch Dietrich Schulze und legte mit Blick auf die anstehenden Jahrestage der beiden Weltkriege den Fokus auf die autoritäre Formierung der Hochschulen im Rahmen verstärkter zivil-militärischer Zusammenarbeit. Seine Thesen erläuterte Dietrich Schulze in einem hier leicht gekürzt abgedruckten Beitrag für die Neue Rheinische Zeitung.1

Dass die Qualität der Wissenschaft unter dieser Formierung leidet, wird selbst von konservativen Zeitungen wie der FAZ beklagt. Warum wird dieser Kurs unbeirrt fortgeführt? Er ist doch offensichtlich selbst für die internationale Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaftsgroßmacht Bundesrepublik völlig kontraproduktiv.

Ich habe dazu eine radikale These vorgetragen: "Die herrschenden Kreise nehmen die Degradierung von Bildung und Wissenschaft bewusst in Kauf. Der Zivil-Militärisch-Industrielle Bildungs- und Forschungskomplex Hochschule wird gezielt vorangetrieben. Für die Kriegspolitik nach außen werden keine Durchblicker, sondern jede Menge gehorsame Köpfe gebraucht und nur wenige TOP-Spezialisten."

Der Krieg beginnt in den Universitäten, in den Köpfen der Lehrenden und Studierenden - wie vor 100 Jahren und wie vor 75 Jahren. Bundespräsident Gauck hatte bekanntlich in der Münchener "Sicherheitskonferenz" in der Tonlage der alten deutschen Weltkrieger die neue deutsche Kriegspolitik mit der Forderung auf den Punkt gebracht, dass Deutschland mehr internationale Verantwortung übernehmen müsse. Selbstredend geht es um mehr humanitäre militärische Interventionen.

Zu meiner obigen These habe ich die anwesenden BdWi-KollegInnen ausdrücklich zum Widerspruch aufgefordert. Es gab keinen. Ich kann nicht sagen, dass ich darüber unglücklich bin, habe aber diese meine kürzeste Veröffentlichung in der Neuen Rheinische Zeitung genau mit der Absicht geschrieben, Widerspruch zu meiner These zu erhalten.

Über die diesbezügliche Formierung des KIT Karlsruhe und des BICAS München finden sich Einträge in der bekannten Online-Dokumentation2.

An den Ursprung des fetzigen Begriffs "Militärisch-Industrieller Komplex" sei noch kurz erinnert. Ausgerechnet US-Präsident Dwight D. Eisenhower warnte in seiner Abschiedsrede 1961 vor dem Militärisch-Industriellen Komplex der USA als einer Gefahr für Demokratie und Frieden, wenn die Politik als verlängerter Arm der Rüstungsindustrie Konflikte eher militärisch als politisch lösen würde. Die heutigen Realitäten in den USA hätte sich Eisenhower in seinen schlimmsten Alpträumen nicht vorstellen können. Die Bundesrepublik eifert der real existierenden US-Perversität immer stärker nach.

Nochmal zurück zur These. Wenn sie stimmt, bedeutet das: Dem Kampf gegen die Militarisierung der Hochschulen und Schulen kommt eine friedenspolitische Schlüsselstellung zu. Nichts ist für Jugendliche lehrreicher als das Studium von Menschen, die ihr Leben gegen Rüstung und Krieg und für Frieden und Demokratie eingesetzt haben.

Dem manchmal schier aussichtslos erscheinenden Kampf gegen die neue Kriegspolitik möchte ich mit dem Schlussgedanken meines aktuellen Artikels "Ursprung der Sozialität" in Ossietzky3 etwas Kraft einflößen: "Es gibt offenbar in der Natur des Menschen liegende Gründe für den Optimismus, den Krieg als Mittel der Politik mitsamt dem kapitalistischen Profitprinzip weltweit und dauerhaft zu überwinden."

Anmerkungen

1) Erstveröffentlichung unter:www. nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=20280.

2)www.stattweb.de/files/DokuKITcivil. pdf, vgl. Einträge unter den Daten 30.01. 2009, 24.04.2009, 27.07.2009, 08.01.2010, 01.03.2012 und 22.04.2013.

3)www.sopos.org/aufsaetze/534d5d5 9d8811/1.phtml.


Dr.-Ing. Dietrich Schulze (Jg. 1940, Ingenieurwissenschaftler und Publizist) war Betriebsratsvorsitzender im Forschungszentrum Karlsruhe. Er ist Mitbegründer der Initiative gegen Militärforschung an Universitäten sowie Beiratsmitglied der NaturwissenschaftlerInnen-Initiative für Frieden und Zukunftsfähigkeit.

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